„Alles war im Kern gelogen“

Berlin · Vor einem Jahr initiierte er in seiner Partei einen Mitgliederentscheid gegen weitere Rettungspakete für Griechenland und unterlag knapp. Nachdem nun die Troika aus IWF, EZB und EU erneut einen Bericht über den (schlechten) Stand der Dinge in Griechenland vorgelegt hat, kommt der FDP-Eurorebell Frank Schäffler (43) auf seine damaligen Hinweise zurück. Mit Schäffler sprach unser Berliner Korrespondent Werner Kolhoff.

Die Troika will Griechenland zwei Jahre mehr Zeit geben. Sind Sie persönlich auch dazu bereit?
Frank Schäffler: Auch nach zwei Jahren wird Griechenland die Auflagen nicht erfüllen. Die Rettung Griechenlands mit immer neuen Krediten funktioniert nicht. Alles was gesagt und versprochen wurde, war im Kern gelogen.

Zwei Jahre mehr Zeit würden rund 32 Milliarden Euro kosten und ein drittes Griechenland-Paket erfordern. Sehen Sie dafür überhaupt noch eine Mehrheit in der FDP und damit für die Koalition?
Frank Schäffler: Ich bezweifele, dass 32 Milliarden Euro reichen. Diese Zahlen haben auch in der Vergangenheit schon nicht gestimmt. Der Schuldenschnitt von 100 Milliarden Euro im Frühjahr ist jetzt schon wieder aufgebraucht; Griechenland ist wieder bei einem Schuldenstand wie vorher. Solche Wahrheiten will man nicht sehen, sondern bloß Zeit gewinnen. Es wird immer schwieriger werden, dafür noch Mehrheiten zu finden.

Mit anderen Worten: Griechenland ist aus Ihrer Sicht ein Fass ohne Boden.
Frank Schäffler: Absolut.

Die Troika würdigt aber auch die Reformbemühungen und Sparanstrengungen. Sehen Sie die gar nicht?
Frank Schäffler: Nein, da ist nichts, was nachhaltig wirken würde. Die Troika ist kein neutraler Gutachter, sondern Teil des Systems, Teil des Spiels. Die EZB kann gar kein negatives Gutachten ausstellen, weil dann sofort die nächste Tranche gestoppt werden würde. Der Troika-Bericht ist ein Märchenbuch. Alles wird schön geschrieben.

Die FDP hat per Mitgliederentscheid im letzten Dezember beschlossen, dass es Hilfen nur unter strengen Auflagen geben darf, die ständig überprüft werden. Wird dieser Beschluss jetzt unterlaufen?
Frank Schäffler: Das war die Formulierung des Vorstandes, der sich damals gegen meine Initiative und die anderer Parteifreunde damit durchgesetzt hat. Jetzt müssen der Vorstand und die ganze Partei aber auch zu ihren Beschlüssen stehen. Es kann nicht sein, dass Papier nur geduldig ist. Die Formulierung ist sinnlos, wenn nach einer Überprüfung mit negativem Ergebnis nicht auch Konsequenzen erfolgen. Nämlich in diesem Fall die geordnete Insolvenz Griechenlands.

Werden Sie in Ihrer Partei für diese Position erneut mobilisieren?
Frank Schäffler: Ja, ich bin schon tagtäglich in den Landesverbänden unterwegs und werbe dafür, den jetzigen Kurs zu verlassen. Er führt ins Verderben. Nicht nur die FDP, sondern auch Deutschland.

Streben Sie einen neuen Mitgliederentscheid an?
Frank Schäffler: Die Frage stellt sich aktuell nicht. In weniger als einem Jahr ist Bundestagswahl, da gilt es geradlinig den Kurs zu halten und den Steuerzahlern und Sparern eine Stimme zu geben. Nicht mehr, aber auch nicht weniger muss die FDP leisten, dann hat sie auch wieder Erfolg beim Wähler.

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