30 Jahre RAF-Attentat auf Herrhausen Als ein Bomben-Attentat den Chef der Deutschen Bank tötete

Frankfurt · Am 30. November 1989 stirbt Alfred Herrhausen, weil eine Explosion sein Auto trifft. Die RAF bekennt sich zu der Tat, die auch 30 Jahre später noch nicht aufgeklärt ist.

 Tatort-Foto nach dem Terror-Anschlag: Am 30. November 1989 starb Bank-Manager Herrhausen auf dem Rücksitz seines Dienstwagens.

Tatort-Foto nach dem Terror-Anschlag: Am 30. November 1989 starb Bank-Manager Herrhausen auf dem Rücksitz seines Dienstwagens.

Foto: dpa/Kai-Uwe Wärner

Es ist ein kühler Morgen am 30. November 1989. Gegen 8.30 Uhr verlässt Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen sein Haus in Bad Homburg, um sich ins nahe Frankfurt fahren zu lassen. Begleitet von Sicherheitsleuten in zwei weiteren Limousinen rollt der Tross den Seedammweg entlang. Plötzlich ertönt ein lauter Knall. Mehrere Kilo Sprengstoff, deponiert auf einem Kinderfahrrad, gehen in die Luft. Die Bombe trifft den Spitzenmanager, der hinten sitzt, mit ungeheurer Präzision. Herrhausen stirbt am Tatort, sein Fahrer überlebt verletzt.

Zu dem Attentat bekennt sich kurz darauf die dritte Generation der Rote-Armee-Fraktion (RAF). Doch die Täter sind auch nach drei Jahrzehnten nicht gefunden. „Das Verfahren ist noch offen, die Ermittlungen dauern an“, sagt ein Sprecher der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe.

Gerade über die dritte Generation ist weiterhin wenig bekannt. Die erste Generation unter den Anführern Ulrike Meinhof und Andreas Baader konzentriert sich vor allem auf US-Einrichtungen und begründet das etwa mit dem Vietnamkrieg. Danach versucht eine zweite RAF-Generation, die 1972 gefassten Vorgänger freizupressen. Die dritte Generation kündigt „einen neuen Abschnitt in der revolutionären Strategie“ an. Es geht nicht mehr um die Befreiung Gefangener, sondern um Anschläge oder Sabotageakte. Auf ihr Konto sollen mehre Morde gehen, so auch an Siemens-Manager Karl Heinz Beckurts (1986) und Treuhand-Chef Detlev Karsten Rohwedder (1991). Führende Köpfe waren Wolfgang Grams und Brigitte Hogefeld. Grams begeht 1993 nach einer Schießerei mit der Polizei Selbstmord. Hogefeld wird 2011 aus der Haft entlassen. Da hatte die RAF längst ihre Auflösung erklärt (1998).

Zum Attentat auf Herrhausen gehen in den vergangenen drei Jahrzehnten 1500 Hinweise ein. Die Bombe wurde mit Hilfe einer Lichtschranke gezündet. Vermutlich konnten die Täter – getarnt als Bauarbeiter – die Technik ungestört vorbereiten. Anfang der 90er sieht es nach einem Fahndungserfolg aus, als Siegfried Nonne, ein früherer V-Mann des hessischen Verfassungsschutzes, mehrere RAF-Mitglieder und sich selbst belastet. Doch die Widersprüche sind groß. Später kommt der Verdacht auf, die Stasi könnte an dem Mord beteiligt gewesen sein. Dazu gebe es keine konkreten Anhaltspunkte, heißt es heute aus Ermittlerkreisen.

Herrhausen gilt seinerzeit als eine der gefährdetsten Personen in der Bundesrepublik – und war sich dessen bewusst. Bereits zu Zeiten der Ermordung von Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer hat er eine Erklärung verfasst, dass im Falle seiner eigenen Entführung nicht auf Forderungen eingegangen werden soll, wie seine Frau Traudl vor Jahren im Film „Black Box BRD“ berichtete. Die Alfred-Herrhausen-Gesellschaft in Berlin plant zum 30. Todestag keine große Gedenkfeier.

 Er war eine Hassfigur der dritten RAF-Generation: Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen, hier 1987.

Er war eine Hassfigur der dritten RAF-Generation: Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen, hier 1987.

Foto: dpa/Rüdiger Schrader

Der Essener, der in der Elektrizitätsindustrie aufgestiegen war, kommt als Quereinsteiger zur Deutschen Bank. Das Geldhaus baut er zu einem Institut mit Weltstatus um. Engagiert fordert er einen Schuldenerlass für Entwicklungsländer. Die RAF wertet das in ihrem Bekennerschreiben als Versuch, die „bestehenden Herrschafts- und Ausplünderungsverhältnisse längerfristig zu sichern“. Herrhausen stirbt zwei Monate vor seinem 60. Geburtstag. Die RAF bekennt sich nicht nur per Schreiben, sondern auch per Anruf bei der trauernden Familie, wie sich die Patentochter des Opfers, die Publizistin Carolin Emcke, kürzlich erinnert. „Das ist von einer Widerwärtigkeit, die einen schon nachhaltig verstört.“

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