Hunderttausende auf der Flucht

Bagdad · Vor einer Woche überrannte die Terrorgruppe Isis die zweitgrößte irakische Stadt Mossul und drang fast ungehindert in Richtung Bagdad vor. Nun kämpfen Armee, Kurden und Freiwillige gemeinsam.

Rund eine Woche nach Beginn des Islamistensturms im Irak wächst die Gegenwehr auch international. Die US-Regierung entsendet eine 275 Mann starke Spezialeinheit in den Irak . Die Truppe sei wenn nötig auch zum Kampf gerüstet, teilte US-Präsident Barack Obama mit. Die USA behalten sich demnach auch ein militärisches Eingreifen im Irak vor, um den Vormarsch der Sunnitenmiliz Islamischer Staat im Irak und in Syrien (Isis) auf Bagdad zu stoppen. Als Optionen gelten Luftangriffe sowie ein Training irakischer Sicherheitskräfte . Der Einsatz von US-Bodentruppen wurde mehrfach ausgeschlossen.

Der Bürgerkrieg in Syrien und die Kämpfe im benachbarten Irak könnten nach Einschätzung von UN-Ermittlern rasch auf die gesamte Region übergreifen. "Ein regionaler Krieg im Nahen Osten rückt immer näher", warnte der Leiter der unabhängigen Syrien-Untersuchungskommission, Paulo Sérgio Pinheiro, vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf. Die Islamisten versuchen indes, mit aller Gewalt zur Hauptstadt vorzudringen. Inzwischen kämpfen Soldaten in großen Teilen des Landes gegen Extremisten - auch wenige Dutzend Kilometer nördlich von Bagdad . Wie das Nachrichtenportal "Sumaria News" berichtete, verhinderten Sicherheitskräfte in der Provinz Kirkuk einen Angriff der Sunnitenmiliz auf einen Schiitenschrein. In der Provinz Dijala seien bei Gefechten mindestens 19 Extremisten getötet worden. Die Eskalation dürfte die Spaltung zwischen Sunniten und Schiiten im Irak immer weiter vorantreiben.

Rund 60 Kilometer nördlich von Bagdad scheiterten die Dschihadisten mit einer Befreiung führender Gesinnungsgenossen aus dem Gefängnis. Bei dem Angriff nahe der Stadt Bakuba wurden laut einem Medienbericht mindestens 44 Häftlinge getötet. Die Kämpfer hatten die Haftanstalt unter anderem mit Panzerabwehrwaffen angegriffen.

Nach Angaben der Organisation Ärzte ohne Grenzen zwingen die Kämpfe immer mehr Menschen in die Flucht. Inzwischen sollen es schon 1,2 Millionen sein. Die Lage verschlechtere sich von Tag zu Tag. Helfer warnen vor einer humanitären Katastrophe.

Der Irakkonflikt führt auf internationaler Ebene einstige Erzfeinde zusammen. Nach Washington bestätigte gestern auch Teheran amerikanisch-iranische Gespräche über den Irak . "Ja, wir haben auch die Brutalitäten der Isis im Irak besprochen", sagte Außenminister Mohammed Dschawad Sarif. Er war am Rande der Atomverhandlungen mit US-Vizeaußenminister William Burns zusammengekommen.

Dem Siemens-Konzern gelang es derweil, 50 Techniker aus einem von Isis beherrschten Gebiet ausfliegen zu lassen. Nach Informationen von "Spiegel Online" wurden 50 Beschäftigte gerettet, darunter acht Deutsche. Sie waren mit der Modernisierung eines Kraftwerks 200 Kilometer nördlich von Bagdad beschäftigt. Das Auswärtige Amt bestätigte, alle seien in Sicherheit.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort