Honeckers Devisenbeschaffer ist tot

Rottach-Egern · Nach der Wende stand er im Rampenlicht: Alexander Schalck-Golodkowski. Als Beschaffer von West-Währung bewahrte er die DDR wohl vor dem Staatsbankrott. Nun ist der zurückgezogen lebende Ex-Politiker gestorben.

Es war schon lange ruhig um den einst mächtigen Milliardenbeschaffer für das DDR-Regime. "Alexander Schalck-Golodkowski gibt keine Interviews mehr, er beteiligt sich nicht am politischen Diskurs", sagte 2012 ein enger Vertrauter zum 80. Geburtstag. Nun ist der frühere Staatssekretär im DDR-Ministerium für Außenhandel am Sonntagabend nach langer Krankheit mit 82 gestorben, nur wenige Tage vor seinem Geburtstag. Zuletzt lebte er zurückgezogen mit seiner zweiten Frau Sigrid in Rottach-Egern am Tegernsee.

Zu DDR-Zeiten war Schalck-Golodkowski Chef der "Kommerziellen Koordinierung" (KoKo). Den "dicken Alex" nannten ihn seine Mitarbeiter respektvoll. Der in Berlin geborene gelernte Feinmechaniker und Ökonom beschaffte für das Regime von Staatschef Erich Honecker über 20 Jahre lang Unsummen an West-Devisen - und versorgte SED-Bonzen auch mit Softpornos aus dem kapitalistischen Westen. Sein größter Coup: 1983 handelte er mit dem damaligen CSU-Chef Franz Josef Strauß einen Milliardenkredit für das kommunistische Land aus - wohlweislich in harter D-Mark. Das Geschäft bewahrte die DDR womöglich vor dem Staatsbankrott .

In der Nacht zum 3. Dezember 1989 suchte er in West-Berlin Schutz vor dem zerfallenden Unrechtssystem der DDR. Es hatte zuvor Berichte über angeblich kriminelle Machenschaften bei der von ihm geführten KoKo gegeben. Schalck-Golodkowski befürchtete Mobbing durch seine früheren Parteifreunde und sah gar sein Leben in Gefahr. Tatsächlich fahndeten die DDR-Behörden nach ihm. Er stellte sich der bundesdeutschen Justiz. Dem BND - dort hatte er den Decknamen "Schneewittchen" - gab er sein Wissen über das Geschäftsgebaren der KoKo preis. Mitte der 90er Jahre wurde er wegen illegaler Waffengeschäfte und Embargovergehen zu Bewährungsstrafen verurteilt.

Die KoKo war die geheimnisumwobene Dachorganisation für 180 Unternehmen in der DDR, der Bundesrepublik und im westlichen Ausland. Zwischen 1966 und 1989 hatte der Bereich, der eng mit dem Ministerium für Staatssicherheit verflochten war, etwa 27 Milliarden D-Mark für die DDR-Wirtschaft eingenommen. KoKo-Firmen handelten mit Waffen, Müll, Kopfsteinpflaster und Kunst. Nach dem Mauerfall wurde das Koko-Imperium aufgelöst.

Dank seiner jahrzehntelangen guten deutsch-deutschen Kontakte und mit Hilfe alter Freunde brachte es Schalk-Golodkowski nach der Wende wieder rasch zu einigem Wohlstand. Am Tegernsee bewohnte er zeitweise eine luxuriös ausgestattete Doppelhaushälfte. Bei einem Urlaub in der Schweiz erlitt Schalck-Golodkowski 2003 einen Herzstillstand und erholte sich nur langsam. Er lag zeitweise im künstlichen Koma. Danach war er jedoch wieder geistig auf der Höhe. Schalck-Golodkowskis letzte öffentliche Äußerungen liegen schon 15 Jahre zurück. In einer ARD-Talkshow sagte der zweimal an Prostatakrebs operierte Hüne resigniert: "Ick hab' für die DDR gekämpft - und wir haben am Ende verloren."

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