Hohe Erwartungen an EU-Sondergipfel

Brüssel/Berlin · Kanzlerin Angela Merkel und ihre europäischen Amtskollegen stehen unter Druck. Vom EU-Sondergipfel heute in Brüssel wird entschlossenes Handeln gegen neue Flüchtlingstragödien im Mittelmeer erwartet.

Nach den verheerenden Flüchtlingskatastrophen im Mittelmeer wollen die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten heute umfangreiche Hilfsmaßnahmen beschließen. Bei dem Sondergipfel in Brüssel könne vielleicht sogar eine Verdreifachung der Mittel für die Seenotrettung auf den Weg gebracht werden, machte Bundesinnenminister Thomas de Maizière im Bundestag deutlich. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International hatten zuvor einen für das Gipfeltreffen vorbereiteten Zehn-Punkte-Plan als unzureichend kritisiert. In ihm war zunächst von einer Verdoppelung der Mittel die Rede gewesen.

De Maizière (CDU ) sagte im Bundestag: "Seenotrettung ist das erste und dringlichste, was unverzüglich beginnen muss." Die EU könne aber auch nicht jeden aus Afrika aufnehmen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD ) warnte davor, schnelle Lösungen zu erwarten. "Mühe, Zeit und Aufwand" seien vor allem für die Stabilisierung des Transitlandes Libyen notwendig. Die Opposition im Bundestag forderte zusätzlich legale Einreisewege für Schutzsuchende nach Europa.

Auch die Bekämpfung der Schleuser sei wichtig, sagte de Maizière. Als kurzfristig nicht umsetzbar gilt der Vorschlag der EU-Kommission, von Schleusern genutzte Schiffe gezielt zu zerstören. Dafür wird nach Einschätzung von Juristen ein Mandat der Vereinten Nationen benötigt. Die Vorsitzende des Entwicklungsausschusses des Bundestages, Dagmar Wöhrl (CSU ), forderte einen Marshall-Plan für den Mittelmeerraum. "Wir müssen ehrlich sein und sagen: Wir werden in Europa in der Zukunft mehr Flüchtlinge aufnehmen müssen", sagte Wöhrl. Gleichzeitig müsse den Menschen in den Herkunftsländern der Flüchtlinge eine Zukunftsperspektive geboten werden. Die "Abschottungspolitik der EU" sei gescheitert.

Der Zehn-Punkte-Plan, der heute beim EU-Sondergipfel diskutiert werden soll, umfasst grob vier Bereiche. Neben einer besseren Seenotrettung geht es um den Kampf gegen Schleuser , mehr Hilfe für Ankunftsländer wie Italien und eine Kooperation mit afrikanischen Staaten.

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