Hitziger Freitag im Bundestag

Berlin. Eigentlich passiert freitags nicht mehr viel im Bundestag, denn die Abgeordneten wollen nach Hause. Und gestern bei der Abstimmung um die Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze war die Sache eigentlich ohnehin klar. Die Koalition setzte sich mit der Anhebung um fünf Euro auf 364 Euro und dem zusätzlichen, 770 Millionen Euro umfassenden Bildungspaket für Kinder wie erwartet durch

 Kanzlerin Angela Merkel schickt Ministerin Ursula von der Leyen im Bundestag zurück an ihren Platz. Diese hatte zweimal das Wort ergriffen und so für Ärger bei der Opposition gesorgt. Foto: dpa

Kanzlerin Angela Merkel schickt Ministerin Ursula von der Leyen im Bundestag zurück an ihren Platz. Diese hatte zweimal das Wort ergriffen und so für Ärger bei der Opposition gesorgt. Foto: dpa

Berlin. Eigentlich passiert freitags nicht mehr viel im Bundestag, denn die Abgeordneten wollen nach Hause. Und gestern bei der Abstimmung um die Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze war die Sache eigentlich ohnehin klar. Die Koalition setzte sich mit der Anhebung um fünf Euro auf 364 Euro und dem zusätzlichen, 770 Millionen Euro umfassenden Bildungspaket für Kinder wie erwartet durch. Doch um 10.24 Uhr, als die Debatte schon fast beendet war, meldete sich plötzlich SPD-Chef Sigmar Gabriel zu Wort und streute Pfeffer ins Plenum.

Gabriel ließ sich überraschend für eine Fraktionskollegin aufrufen, die als letzte SPD-Rednerin vorgesehen war. Das ist parlamentarisch nicht fair, denn normalerweise wissen die Fraktionen gegenseitig vorher, wer bei den anderen spricht. "Missachtung des Parlaments", rief Unions-Fraktionschef Volker Kauder. Gabriel aber wollte den Krawall, vor allem weil Ministerin Ursula von der Leyen die SPD in ihrer Rede beschuldigt hatte, für die vom Verfassungsgericht gerügte bisherige Berechnung der Hartz-IV-Sätze verantwortlich gewesen zu sein. "Ich vermisse bei Ihnen ein bisschen Selbstkritik", hatte die Ministerin gesagt. Gabriel nannte das Bildungspaket von der Leyens daraufhin ein "Päckchen" und rief aus: "Was Sie machen, ist Camouflage."

Daraufhin meldete sich von der Leyen überraschend ein zweites Mal zu Wort, aber diesmal nicht als Ministerin, sondern "als Abgeordnete". Für sie verzichtete kurzfristig der Schluss-Redner der CDU. Dieser Trick ist noch fragwürdiger, denn Regierungsmitglieder dürfen im Parlament nicht beliebig auftreten. "Herr Gabriel, wo sind Sie", rief die Ministerin, die Hände kampfbereit in die Hüfte gestützt. Und als sie ihn entdeckte, donnerte sie ins Mikrofon: "Was Sie hier abgeliefert haben, war das Armutszeugnis von elf Jahren Rot-Grün." Großes Gejohle nun in den Reihen der Koalitionsfraktion. Nach diesen Worten steuerte die "Abgeordnete" von der Leyen wie gewohnt ihren Platz auf der Ministerbank an, ehe Kanzlerin Angela Merkel sie aufgeregt in Richtung Abgeordnetensitze dirigieren konnte. So wütend waren die Reaktionen der Opposition, dass Sitzungsleiter Hermann Otto Solms die Sitzung unterbrach.

Im eilig einberufenen Ältestenrat einigte man sich, die Debatte noch einmal für eine halbe Stunde fortzuführen, um allen Fraktionen eine Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben. Dabei ging es aber nicht minder hoch her. Da nannte Renate Künast von den Grünen die Ministerin den "eiskalten Engel der CDU", da sagte Links-Fraktionschef Gregor Gysi, dass es interessant zu beobachten sei, wie die anderen Fraktionen sich die Verantwortung für Hartz IV zuschöben; dabei hätten sie das doch alle gemeinsam beschlossen. Und da nannte Künast dann wiederum Gysi "den Rächer der Witwen und Waisen, aufgeblasen wie ein Ochsenfrosch".

 Kanzlerin Angela Merkel schickt Ministerin Ursula von der Leyen im Bundestag zurück an ihren Platz. Diese hatte zwei Mal das Wort ergriffen und so für Ärger bei der Opposition gesorgt. Foto: dpa

Kanzlerin Angela Merkel schickt Ministerin Ursula von der Leyen im Bundestag zurück an ihren Platz. Diese hatte zwei Mal das Wort ergriffen und so für Ärger bei der Opposition gesorgt. Foto: dpa

Am 17. Dezember könnte sich das Schauspiel wiederholen, denn dann muss das Gesetzesvorhaben durch den Bundesrat.

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