Hindernislauf Richtung Elysée-Palast

Paris · Die französische Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren gegen Nicolas Sarkozy eingeleitet. Der Ex-Präsident, der 2017 noch einmal antreten könnte, soll bei der vergangenen Wahl sein Budget weit überschritten haben.

Eigentlich wollte Nicolas Sarkozy die gescheiterte Präsidentschaftskampagne 2012 hinter sich lassen und im nächsten Jahr noch einmal durchstarten. Doch nun holt die Vergangenheit den französischen Ex-Präsidenten wieder ein: Die Staatsanwaltschaft leitete gegen den 61-Jährigen ein Ermittlungsverfahren wegen illegaler Wahlkampffinanzierung ein. Um bis zu 28 Millionen Euro könnte der Chef der konservativen Republikaner 2012 die erlaubte Obergrenze von 22,5 Millionen überschritten haben. Der Kandidat will von den zusätzlichen Millionen, die ihm den Sieg gegen den Sozialisten François Hollande sichern sollten, nichts gewusst haben.

"Wahlkampfgate" ist nicht die erste Affäre, in die der hyperaktive Politiker verwickelt ist. Ein weiteres Ermittlungsverfahren läuft, weil "Speedy Sarko" die Justiz beeinflusst haben soll, die gegen ihn im Zusammenhang mit einer Wahlkampfspende des libyschen Revolutionsführers Muammar al-Gaddafi ermittelte. Der Ex-Präsident soll einem Generalstaatsanwalt im Gegenzug für Insider-Informationen einen attraktiven Posten in Monaco versprochen haben. Er wurde deshalb 2014 in Polizeigewahrsam genommen. In einem dritten Verfahren in der Affäre um die L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt , deren Schwäche Sarkozy ebenfalls für Wahlkampfspenden ausgenutzt haben soll, wurden die Ermittlungen eingestellt.

Sarkozys Getreue wie der Abgeordnete Eric Ciotti sehen den früheren Staatschef als unschuldiges Opfer. "Es herrscht eine kollektive Art der Institutionen und der politischen Gegner vor, Nicolas Sarkozy zu einem bevorzugten Ziel zu machen." Für das Sarkozy-Lager ist das Ermittlungsverfahren nicht das vorzeitige Ende seiner Ambitionen. "Ein Ermittlungsverfahren verhindert keine Präsidentschaftskandidatur", bemerkte Sarkozys Anwalt Thierry Herzog gestern. Doch unter den Republikanern machen sich Zweifel breit, ob der Ex-Präsident der beste Kandidat für 2017 ist. In Umfragen liegt Sarkozy, der sich gegen sieben Mitbewerber behaupten müsste, deutlich hinter seinem früheren Außenminister Alain Juppé . Zudem besteht das Risiko, dass die Kampagne der Republikaner zusammenbricht, wenn es während des Wahlkampfes zu einer Anklage gegen Sarkozy käme. "Lieber den Sieg mit Juppé sichern, als mit Sarkozy die Niederlage riskieren", zitierte "Le Monde " Anhänger der Republikaner. Dabei hatte "Sarko", der seine Kandidatur noch nicht offiziell erklärte, vor knapp einem Monat einen Neuanfang machen wollen. In seinem Buch "La France pour la vie" (Frankreich fürs Leben) gestand er die Fehler seiner Präsidentschaft ein. Das "Mea Culpa" sollte zeigen, dass Sarkozy aus der Vergangenheit seine Lehren zog, um nun geläutert noch einmal Richtung Elysée zu ziehen. Doch nicht einmal die eigene Partei scheint ihm auf diesem Weg folgen zu wollen. Die Zahl derer, die sich offen gegen den Parteichef stellen, wächst.

Meinung:

Zukunft ohne Sarkozy

Von SZ-KorrespondentinChristine Longin

Kann einer, der in mehrere Affären um Wahlkampffinanzierung verwickelt ist, noch einmal einen Wahlkampf bestreiten? Nicolas Sarkozy sieht darin kein Problem. Der skrupellose Ex-Präsident plant eine weitere Kampagne, die die Justiz nun vorzeitig stoppen könnte. Doch die Ermittlungsrichter sind nicht das größte Problem des 61-Jährigen. Das liegt in der eigenen Partei. Noch im Herbst 2014 schien "Sarko" der natürliche Kandidat der Konservativen für 2017 zu sein. Das hat sich inzwischen geändert. Sarkozy verliert an Autorität, sowohl in der Parlamentsfraktion als auch im Parteiapparat. Sieben Bewerber gibt es bereits für eine Kandidatur. Die Zukunft der Republikaner könnte also gut auch ohne Sarkozy stattfinden. Das wäre nicht nur für die Partei, sondern auch für Frankreich eine gute Nachricht.

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