Hermann Gröhe will eine CDU mit offenen Fenstern und Türen

Saarbrücken. Wer wissen will, was der neue CDU-Generalsekretär gerade macht, kann ins Internet schauen. Da twittert Hermann Gröhe fast täglich. "Geht jetzt in den Gottesdienst in die Christuskirche Neuss", liest man da, oder: "lehnt Verdrängung christlicher Symbole aus dem öffentlichen Raum strikt ab". Neues Medium, konservative Botschaften

 Generalsekretär Hermann Gröhe will die CDU Richtung 40 Prozent führen. Foto: Schmitz-Hussong

Generalsekretär Hermann Gröhe will die CDU Richtung 40 Prozent führen. Foto: Schmitz-Hussong

Saarbrücken. Wer wissen will, was der neue CDU-Generalsekretär gerade macht, kann ins Internet schauen. Da twittert Hermann Gröhe fast täglich. "Geht jetzt in den Gottesdienst in die Christuskirche Neuss", liest man da, oder: "lehnt Verdrängung christlicher Symbole aus dem öffentlichen Raum strikt ab". Neues Medium, konservative Botschaften. "Modernität und Grundsätze", sagt der 49-jährige Jurist, der auch der Synode der Evangelischen Kirche angehört, "sind keine Gegensätze. Entscheidend ist, die Balance zwischen beiden zu finden." Mit dieser Maxime will Gröhe, der seit Ende Oktober das Erbe von Kurt Biedenkopf und Heiner Geißler an der Spitze des Konrad-Adenauer-Hauses angetreten hat, auch seine CDU wieder Richtung 40 Prozent führen. "Wenn ich Fenster und Türen geschlossen halte, wird die Luft schlecht", sagt er und hat dabei innerparteiliche Kritiker im Blick, die mit dem Slogan "Linkstrend stoppen" mehr konservatives Profil der CDU fordern. Nach vier Jahren großer Koalition sei es "völlig normal", dass über den Kurs der Partei gesprochen werde. "Aber das Gerede darüber, dass diese Parteiführung für einen Linkstrend stehe, ist geradezu absurd." Gröhe verweist beim Besuch der SZ auf die Schuldenbremse oder die Einigung im Streit um die Vertriebenen-Stiftung als Beispiele klarer CDU-Politik. "Hinter dem Gerede vom Linksruck der CDU verbirgt sich bei manchem der Wunsch nach einer rechten Partei", vermutet Gröhe. "Das ist die CDU aber nie gewesen. Wir sind die Partei der Mitte, deren Politik vom christlichen Menschenbild geprägt ist." Und so pocht der vierfache Vater darauf, dass ein Einstehen für Familien im Jahr 2010 etwas anderes bedeute als früher: "Grundsätze sind nichts für den Bilderrahmen - sie müssen gelebt werden."

Er jedenfalls wirbt für eine CDU, die ihre Kompetenz in Wirtschaft und innerer Sicherheit bewahrt und zugleich in neuen Feldern der SPD die Dominanz streitig macht, etwa bei Kultur oder Klima. "Die SPD hat ihre Kernkompetenzen im Sozialen verloren, ohne dass sie neue hinzugewonnen hat", analysiert er. "Wir hingegen haben unser Kompetenzportfolio erweitert."

Mit diesem Modernisierungs-Kurs der CDU sei es gelungen, das bürgerliche Lager erstmals seit 1994 wieder mehrheitsfähig zu machen. Dieses Bündnis mit der FDP bleibt für ihn offenbar Bezugsrahmen. Dennoch geht er bei Hartz IV auf Abstand zu Guido Westerwelle: "Die FDP hat sich in dieser Debatte für eine Zuspitzung im Ton entschieden", stellt er fest und beklagt, dass so getan werde, als sei die Aussage, Arbeit müsse sich lohnen, "ein ganz neuer Tabubruch". Dabei sage die CDU das seit Jahren. Das Kernproblem sei aber nicht "massenhafte Verweigerung der Annahme von Arbeit". Arbeitslosigkeit habe viele Ursachen - etwa kein Arbeitsangebot, kein Berufsabschluss, keine Kinderbetreuung. "So wie ich Steuerzahler nicht gleich die Hinterziehung unterstelle, unterstelle ich Hartz-IV-Empfängern auch nicht sofort Leistungsmissbrauch." Dennoch: Pointierte Positionierungen der Koalitionspartner seien nicht schädlich, meint Gröhe. "Unnützer Streit ist es dagegen schon." So habe es die Koalition zugelassen, dass Entlastungen zum 1. Januar "durch einen Streit über die übernächsten Schritte einer Steuer-Strukturreform in den Hintergrund gedrängt wurden".

Bei allen schwarz-gelben Problemen: "Das Zusammenspiel von Freiheit und Verantwortung verbindet uns mit der FDP." Auch die Grünen seien zwar skeptisch gegenüber zentralistischen Lösungen. Anders als im Saarland sei aber etwa in Nordrhein-Westfalen nicht ausgemacht, ob sich ihr reformorientierter oder der linke Flügel durchsetze. In NRW gilt denn auch für ihn: "Die Grünen wollen Rot-Grün und sind damit unser politischer Gegner."

 Generalsekretär Hermann Gröhe will die CDU in Richtung 40 Prozent führen. Foto: Schmitz-Hussong

Generalsekretär Hermann Gröhe will die CDU in Richtung 40 Prozent führen. Foto: Schmitz-Hussong

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