Pressekonferenz des Außenministers Maas zu Afghanistan: „Wir haben die Lage falsch eingeschätzt“

Berlin · Hat die Bundesregierung den Ernst der Lage in Afghanistan verkannt? Die Opposition wirft ihr das mit deutlichen Worten vor. Der Außenminister reagiert auf die Vorwürfe mit einem Eingeständnis.

Heiko Maas zu Afghanistan:„Wir haben die Lage falsch eingeschätzt“
Foto: dpa/Christoph Soeder

Nach der faktischen Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban in Afghanistan hat Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) Fehler eingeräumt. „Es gibt auch nichts zu beschönigen: Wir alle - die Bundesregierung, die Nachrichtendienste, die internationale Gemeinschaft - wir haben die Lage falsch eingeschätzt“, räumte er am Montag ein.

Zuvor hatte es massive Kritik an der Bundesregierung gegeben. Ihr wird vorgeworfen, den schnellen Vormarsch der Taliban unterschätzt und die Evakuierung afghanischer Ortskräfte zu schleppend vorangetrieben zu haben. Auch die Evakuierung deutscher Staatsbürger begann in der Nacht zum Montag erst, nachdem die Taliban schon bis in den Präsidentenpalast in Kabul vorgerückt waren.

Man habe nicht vorhergesehen, dass die afghanischen Streitkräfte nicht bereit gewesen seien, sich den Taliban entgegenzustellen. „Das ist eine Fehleinschätzung gewesen von uns allen. Darüber werden wir sicherlich auch zu reden haben“, sagte Maas.

Der FDP-Außenexperte Alexander Graf Lambsdorff hatte zuvor der „Welt“ (Montag) gesagt, Maas, Kramp-Karrenbauer und Innenminister Horst Seehofer (CSU) hätten „auf ganzer Linie versagt“. Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock forderte am Montag in Frankfurt (Oder): „Es muss klar sein, dass dafür jetzt alles Notwendige getan werden muss, auch mit Unterstützung der deutschen Bundeswehr, dass Menschen evakuiert werden.“

Der Fraktionsgeschäftsführer der Linken im Bundestag, Jan Korte, nannte das Agieren vor allem von Maas „skandalös“. Korte warf dem Außenminister vor, damit Menschenleben zu gefährden. AfD-Fraktionschef Alexander Gauland kritisierte in der „Welt“, die Bundesregierung habe den richtigen Zeitpunkt für die Evakuierung „verschlafen“.

(dpa)
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