Heikle Doppel-Mission beim Despoten

Minsk/Berlin. Der erste Besuch eines deutschen Außenministers in der weißrussischen Hauptstadt Minsk seit 15 Jahren geriet gestern zur politischen Demonstration. Guido Westerwelle appellierte zusammen mit seinem polnischen Amtskollegen Radoslaw Sikorski an den oft als "letzten Diktator Europas" titulierten Präsidenten Alexander Lukaschenko, die Wahlen am 19

 Westerwelle mit Weißrusslands Diktator Lukaschenko. Foto: dpa

Westerwelle mit Weißrusslands Diktator Lukaschenko. Foto: dpa

Minsk/Berlin. Der erste Besuch eines deutschen Außenministers in der weißrussischen Hauptstadt Minsk seit 15 Jahren geriet gestern zur politischen Demonstration. Guido Westerwelle appellierte zusammen mit seinem polnischen Amtskollegen Radoslaw Sikorski an den oft als "letzten Diktator Europas" titulierten Präsidenten Alexander Lukaschenko, die Wahlen am 19. Dezember fair und frei zu gestalten. Um dies zu unterstreichen, trafen die beiden EU-Vertreter auch die wichtigsten Vertreter der weißrussischen Opposition.

Lukaschenko war gut auf die Gäste vorbereitet. Als Guido Westerwelle sagte, er hoffe, dass die internationalen Wahlbeobachter frei arbeiten könnten, fiel der Machthaber ihm ins Wort. "Sie können sogar selbst nachzählen, wenn Sie wollen". Und auch Sikorskis Vortrag unterbrach er. "Wenn Sie unvoreingenommen wären, wüssten Sie, dass freie Wahlen für uns so wichtig sind wie für niemanden sonst auf dem Planeten". Das Ganze geschah vor Kameras. Der Präsident wollte seiner Bevölkerung zeigen, dass er nichts zu verbergen hat.

Westerwelle und Sikorski wiederum versuchten bei zwei folgenden Pressekonferenzen ebenfalls, die Weißrussen anzusprechen. Westerwelle sagte, den Worten müssten nun Taten folgen. Dazu gehöre auch der freie Zugang der Opposition zu den meist staatlich kontrollierten Medien. Die Brücke, die Weißrussland nach Europa führe und den Menschen "erhebliche Wohlstandschancen" bringen könne, habe Pfeiler, meinte der deutsche Außenminister. "Diese heißen Demokratie, Rechtsstaat, freie und faire Wahlen".

Erst vor zwei Jahren hatte die EU ihr zehn Jahre währendes Kontaktverbot mit Lukaschenko und Vertretern seines Regimes aufgehoben, nachdem der Machthaber der Opposition etwas mehr Freiheiten gegeben hatte. Beobachter rechnen aber damit, dass Lukaschenko selbst bei einer völlig korrekten Wahl gewinnen wird. Vor allem weil die Opposition nach fast 15 Jahren der Unterdrückung und Einschüchterung zersplittert ist. So treten gegen den Staatschef, der einigen Rückhalt auf dem Land und bei der älteren Bevölkerung hat, zehn Kandidaten an. Acht davon sprachen gestern mit Westerwelle und Sikorski. Die Wahl wird von der OSZE beobachtet.

Die Aktionen westlicher Politiker für eine Demokratisierung in dem zehn Millionen Einwohner zählenden Weißrussland gehen auch heute weiter. So hat sich unter anderem Kanzleramtsminister Ronald Pofalla für das so genannte Minsk-Forum angesagt.

Mittelfristig am gefährlichsten für Lukaschenko ist das Abrücken Russlands von seinem einstigen Schützling, allerdings aus anderen Gründen als den Demokratiedefiziten. Bei einem Treffen mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow am Montag in Moskau erfuhr Westerwelle, dass die russische Regierung den 56-jährigen Despoten inzwischen für unzuverlässig hält. Minsk und Moskau hatten heftig über die Gaspreise gestritten. Außerdem hatte Lukaschenko die von Russlandabhängigen Republiken Südossetien und Abchasien nicht anerkannt.

 Westerwelle mit Weißrusslands Diktator Lukaschenko. Foto: dpa

Westerwelle mit Weißrusslands Diktator Lukaschenko. Foto: dpa

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