„Hass, der zur Gewalt wird“

Dresden · Heute vor einem Jahr liefen die ersten Pegida-Demonstranten durch Dresden. Gestern Abend kamen bis zu 20 000 Teilnehmer. Gleichzeitig versammelten sich mehr als 14 000 Gegendemonstranten.

Zum Jahrestag der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung haben sich in Dresden gestern Abend Zehntausende Anhänger und Gegendemonstranten gegenüber gestanden. Nach Schätzungen der Studentengruppe "Durchgezählt" versammelten sich auf dem Theaterplatz zwischen 15 000 und 20 000 Pegida-Anhänger. Die angespannte Situation entlud sich in Auseinandersetzungen, bei denen ein Pegida-Anhänger schwer verletzt wurde. Dass dabei eine Eisenstange benutzt wurde, wie es in einem Bericht der "Sächsischen Zeitung" hieß, schloss die Polizei später aus.

Gründer Lutz Bachmann und rechtspopulistische Politiker aus europäischen Ländern machten in Redebeiträgen Stimmung gegen den Zuzug von Flüchtlingen. Der Gegenprotest gegen Pegida war deutlich größer, als erwartet worden war. Unter dem Motto "Herz statt Hetze" hatte ein breites Bündnis dazu aufgerufen, sich dem Fremdenhass entgegenzustellen. Mindestens 14 000 Gegendemonstranten zogen nach Schätzungen von "Durchgezählt" aus verschiedenen Richtungen sternförmig in die Altstadt. Zuvor hatten bereits Politiker und Verbände vor Hass und Hetze in der Asyldebatte gewarnt. "Wer Galgen und Hitlerbärten hinterher läuft, für den gelten keine Ausreden mehr", sagte Justizminister Heiko Maas (SPD ) gestern in Berlin. "Pegida sät den Hass, der dann zur Gewalt wird." Maas betonte, die Hetze der Organisatoren sei ein Ansporn für alle Demokraten, umso entschiedener für eine offene und tolerante Gesellschaft einzutreten: "Deutschland ist bunter, als uns die Schwarzmaler von Pegida vormachen wollen." "Pegida ist das hässliche Gesicht Deutschlands", sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi. "Ein Jahr Pegida ist für mich ein Jahr zu viel." Die Organisatoren der Bewegung seien Demokratiefeinde und geistige Brandstifter. In der Atmosphäre, die die Gruppe schaffe, fühle sich mancher zu Übergriffen auf Flüchtlingsunterkünfte ermutigt. Das alles sei nicht hinnehmbar. Fahimi sagte, auch das Attentat auf die Kölner Sozialdezernentin und OB-Kandidatin Henriette Reker sei im Zusammenhang mit dem vergifteten Klima zu betrachten, das Rechte in Deutschland organisierten.

Das Internationale Auschwitz Komitee sprach von einer "verbalen Aufrüstung" der Dresdner Bewegung: "Die Tonlage der Pegida-Demonstranten verschärft sich zusehends. Ihre Drohungen gegenüber Politikern und Journalisten wirken verhetzend und aufstachelnd", erklärte Vizepräsident Christoph Heubner und nannte als Beleg das Attentat auf Reker. In Leipzig wurde mit Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD ) ein weiterer Politiker von Unbekannten bedroht. Auf einem Container in der Innenstadt stand neben einem Galgen "Jung wir kriegen Dich", wie die Polizei mitteilte. Auf dem Container war demnach noch "No Asyl" geschrieben worden. Die Schmierereien waren gestern Morgen entdeckt worden.

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