Gipfel mit wenig Antworten

Berlin · Verwaiste Dörfer, überlastete Sozialsysteme, fehlende Fachkräfte: Was durch die Alterung der Gesellschaft droht, bereitet Sorgen. Auch nach dem Demografiegipfel der Bundesregierung fehlen konkrete Lösungen.

Deutschland verliert unaufhörlich Einwohner, und die Bevölkerung wird immer älter. Vor allem ländliche Regionen haben es schwer: Ihnen laufen die jungen Leute davon; in einigen Teilen der Republik müssen Schulen und Kitas schließen, Familien und Firmen suchen ihr Glück anderswo, Supermärkte, Bankfilialen, Post und Bürgerämter machen dicht, Arztpraxen ebenso.

Die Bundesregierung widmet dem Thema zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate einen ihrer Gipfel. Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und das halbe Kabinett sind dabei, dazu Vertreter aus Ländern und Kommunen, aus der Wirtschaft und von Sozialverbänden. Im Oktober traf sich die Runde zum ersten Mal. Neun Arbeitsgruppen begannen, sich Gedanken über die Probleme und mögliche Lösungen zu machen.

Sieben Monate später legen sie nun erste Ergebnisse vor. Viel Konkretes ist aber nicht dabei. Wieder werden große Ziele ausgegeben: mehr für Familien tun, für die Vereinbarkeit von Kind und Karriere, für ländliche Regionen und dafür, dass Ältere länger am Arbeitsleben teilnehmen können. Aber was genau? Die Bundesregierung vertröstet. "In den letzten Tagen war viel zu lesen, wo denn der Masterplan und das Sofortprogramm bleiben", klagt Gastgeber Friedrich. So einfach gehe es beim demografischen Wandel aber nicht. Nötig sei ein langer Diskussionsprozess. Der Dialog brauche Zeit und gehe weiter.

An einigen Stellen zeigt sich, dass dieser Dialog nicht ganz so einfach ist. Arbeitgeber und Gewerkschafter machen bei dem Treffen keinen Hehl daraus, dass sie unterschiedliche Vorstellungen davon haben, wie das Arbeitsleben der Zukunft aussehen sollen.

Auch die Koalition im Bund hat noch Beratungsbedarf - etwa beim Thema Zuwanderung. FDP-Chef Philipp Rösler ließ kurz vor dem Demografiegipfel wissen, der Koalitionspartner möge an dieser Stelle bitte liefern. Die Union ist beim Thema Zuwanderung eher zurückhaltend. Doch der drängende Bedarf an Arbeitskräften in den kommenden Jahren bringt den einen oder anderen zum Grübeln. CDU-Vize Armin Laschet warb deshalb vor dem Gipfel für eine Kursänderung, um mehr qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland zu gewinnen - vor allem aus Nicht-EU-Staaten. Friedrich reagierte darauf wenig begeistert. Vorrang habe das Potenzial im Inland und anderen EU-Staaten. Ungesteuerte Zuwanderung komme ohnehin nicht infrage.

Die Kanzlerin und CDU-Chefin positioniert sich zurückhaltender. Sie wirbt für mehr Zuwanderung und mehr Mobilität auf dem EU-Arbeitsmarkt. Die Opposition spottet: Die Regierung habe den demografischen Wandel verschlafen, habe keinerlei Konzept und wolle mit dem Gipfel nur das eigene Nichtstun übertönen.

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