Gingrich schlägt Favoriten Romney

Washington. Mitt Romneys Hochglanz-Lächeln wirkt gezwungen. Die Stimme klingt matt, als er in der Wahlnacht vor seine Anhänger tritt. So sieht einer aus, der nach einem langen, harten Kampf nicht nur verloren hat, sondern von den Wählern gedemütigt worden ist

Washington. Mitt Romneys Hochglanz-Lächeln wirkt gezwungen. Die Stimme klingt matt, als er in der Wahlnacht vor seine Anhänger tritt. So sieht einer aus, der nach einem langen, harten Kampf nicht nur verloren hat, sondern von den Wählern gedemütigt worden ist. Der Kandidat der Country-Club-Republikaner musste eine zweistellige Niederlage gegen die Inkarnation des amerikanischen Wutbürgers Newt Gingrich einstecken. Satte zwölf Prozentpunkte (40 zu 28) trennte die beiden, als alle Stimmen ausgezählt waren. "Dieses Rennen wird so viel interessanter", tröstete Romney seine enttäuschten Anhänger, die darauf gehofft hatten, der bisherige Favorit könne bei den ersten Vorwahlen im Süden den Sack zumachen. Zumal South Carolina bisher ein sicherer Indikator dafür war, wer die Präsidentschafts-Nominierung der Konservativen am Ende holen wird.Die Analysten lagen derweil wieder einmal daneben. Nach dem Sieg in New Hampshire hoben einige Romney bereits auf den Schild, weil dessen Vorteile unaufholbar schienen. Der bisherige Spitzenreiter kam nicht nur mit einem zweistelligen Vorsprung in den Umfragen nach South Carolina, sondern auch mit der besten Wahlkampf-Organisation, dem nationalen Establishment der Republikaner und einer prall gefüllten Kasse. Er gab hier zweimal soviel Geld aus wie Gingrich, der in Iowa als Vierter und in New Hampshire als Fünfter über die Ziellinie ging. "Dreiviertel der Republikaner sagen konstant, sie wollen Romney nicht wählen", erinnert Rick Tyler vom Wahlkampf-Fonds "Winning Our Future", der Gingrich erst mit einer Fünf-Millionen-Dollar-Spende des Casino-Moguls Sheldon Adelson wettbewerbsfähig machen konnte.

Diese Tatsache nutzte Gingrich auch, um seinen Gegner Romney vor enthusiastischen Anhängern als Teil der "Eliten" in Washington und an der Wall Street hinzustellen, die den Willen der Amerikaner konstant ignorierten.

Romney selber hatte zu dieser Wahrnehmung beigetragen, indem er einigermaßen hilflos auf die Forderung reagierte, seine Steuererklärungen offen zu legen. Bei der zweiten Debatte buhte das Publikum den ehemaligen Gouverneur aus Massachusetts sprichwörtlich aus.

Romney revanchierte sich dafür mit kritischen Nachfragen zu einem Interview mit Gingrichs geschiedener zweiten Frau Marianne. Diese hatte am Vorabend der Wahlen behauptet, Gingrich habe ihr eine "offene Ehe" vorgeschlagen, die Platz für dessen Affäre mit Callista lasse, mit der er heute in dritter Ehe lebt.

Besonders schmerzen muss Romney, dass der Wahlsieger in South Carolina das Hauptargument für seine Nominierung entkräftete. Laut Nachwahlumfragen holte Gingrich deutliche Mehrheiten bei Wählern, für die "Wählbarkeit im Wettbewerb mit Barack Obama" ein wichtiges Kriterium war. Und auch bei solchen Republikanern, denen die Wirtschaft besonders am Herzen liegt.

Romney setzt nun alles daran, Gingrich im Flächenstaat Florida zu stoppen. Ein Sieg im Sonnenstaat, so die Hoffnung seines Wahlkampfteams, werde die Niederlage von South Carolina schnell wieder wettmachen. Zumal danach Romney-"freundliche" Staaten wie Nevada und Michigan folgen.

In der Realität könnte sich dies als sehr viel schwieriger erweisen. Kommt Gingrich doch mit Rückenwind in Florida an. Dort bekommt er bei zwei Debatten die Chance, seine Stärken gegen den Establishment-Kandidaten auszuspielen. Foto: Dunand/afp

Meinung

Unglückliche Botschaft

Von SZ-KorrespondentThomas Spang

Ausgerechnet Newt Gingrich verspricht, Amerika zu erneuern. In ihm sehen die weit nach rechts gerückten Republikaner das Spiegelbild ihrer selbst. Eine Retro-Partei, die von zornigen weißen Männern bestimmt wird, deren Frust über die Herausforderungen der Globalisierung sich in Ressentiments entlädt. Gingrich versteht diese Stimmungslage besser als alle anderen zu nutzen. Und bedient sie auf populistische Weise. Indem er das Unbehagen gegen die Eliten in einen Feldzug gegen "Washington" und die "Wall Street" schürt. Das ist die Rezeptur der ehemaligen Vize-Präsidentschaftskandidatin Sarah Palin, die mit ihrem Kampf gegen das Establishment in der Partei aufstieg. Eine unglückliche Botschaft also, die der Überraschungssieg in South Carolina aussendet.

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