Gespräche über NSA-Abkommen stocken

Berlin · Stehen die Verhandlungen mit den USA über ein „No-Spy-Abkommen“ vor dem Aus? Die Kanzlerin sagt, die Gespräche würden fortgesetzt – es müssten aber Meinungsverschiedenheiten ausgeräumt werden.

Die Bundesregierung gibt das geplante Geheimdienstabkommen mit den USA offiziell noch nicht verloren. "Die Verhandlungen gehen weiter", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gestern nach Angaben aus Fraktionskreisen. Sie reagierte damit auf Berichte, wonach das Abkommen vor dem Scheitern stehe. Merkel räumte aber auch ein, es müssten Meinungsverschiedenheiten ausgeräumt werden. Für die Bundesregierung gelte weiterhin, dass die USA auf deutschem Boden deutsches Recht einhalten müssten. Mit der Vereinbarung sollen Konsequenzen aus der Abhöraffäre um den US-Geheimdienst NSA gezogen werden. Die Koalitionsfraktionen drängten auf ein Anti-Spionage-Abkommen.

Die "Süddeutsche Zeitung" und der Norddeutsche Rundfunk berichteten, die Bundesregierung habe kaum noch Hoffnungen auf eine substanzielle Vereinbarung. "Wir kriegen nichts", zitierte die "SZ" aus deutschen Verhandlungskreisen. Demnach verweigern die USA sogar die Zusage, künftig keine deutschen Regierungsmitglieder und politischen Amtsträger mehr abzuhören. Zudem weigerten sich die USA weiterhin, mitzuteilen, seit wann das Handy von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ausgespäht wurde. Forderungen des Verfassungsschutzes, deutschen Experten Zutritt zu einer vermuteten Abhörstation von US-Geheimdiensten im Obergeschoss der Botschaft am Pariser Platz in Berlin zu gewähren, lehnen die USA den Angaben zufolge ab. Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach sagte der "Mitteldeutschen Zeitung", falls es bei der flächendeckenden Überwachung bleibe, müsse auch über die Zukunft etwa des Swift-Abkommens zum Austausch von Bankdaten oder der "Safe Harbour"-Vereinbarung zur Übermittlung personenbezogener Daten durch europäische Unternehmen gesprochen werden.

Die Sprecherin des nationalen Sicherheitsrates im Weißen Haus, Caitlin Hayden, sagte, die Beratungen der vergangenen Monate hätten "zu einem besseren Verständnis über die Anforderungen und Bedenken auf beiden Seiten geführt". Es gebe die Zusage, die Kooperation zu stärken. Dabei würden auch der "Respekt für die Bürgerrechte und politischen Rechte sowie das Interesse der jeweiligen Bürger am Schutz ihrer Privatsphäre" berücksichtigt.

Am Abend wollte die von US-Präsident Barack Obama eingesetzte NSA-Expertengruppe in Washington vor dem Justizausschuss des Senats Stellung nehmen. Die Fachleute hatten im Dezember einen Bericht mit 46 Empfehlungen für Änderungen bei den US-Geheimdiensten vorgelegt. Obama will seine Entscheidung über die Reformen vermutlich am Freitag bekannt geben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort