Gespannte Ruhe in Aleppo
Aleppo · Die Stadt Aleppo gehört zu den umkämpftesten Schauplätzen im syrischen Bürgerkrieg. Zuletzt war dort die Gewalt einmal mehr eskaliert. Wie lange werden die Waffen diesmal schweigen?
Nach fast zwei Wochen mit heftigen Kämpfen hat eine neue Waffenruhe in der nordsyrischen Stadt Aleppo zunächst weitgehend gehalten. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete gestern nur vereinzelte Verstöße gegen die Feuerpause. Allerdings hätten viele Anwohner aus Angst vor neuer Gewalt ihre Häuser nicht verlassen.
Die USA und Syriens enger Verbündeter Russland hatten sich auf die neue Waffenruhe geeinigt, nachdem die Gewalt in Aleppo eskaliert war. Den Menschenrechtsbeobachtern zufolge waren zuletzt mindestens 285 Zivilisten bei Luftangriffen und Gefechten getötet worden. Aus Protest gegen den Anstieg der Gewalt hatte Syriens Opposition die Genfer Friedensgespräche verlassen. Insgesamt sind seit Ausbruch des Bürgerkriegs vor mehr als fünf Jahren nach UN-Angaben rund 400 000 Menschen ums Leben gekommen.
Das US-Außenministerium erklärte, es setze darauf, dass Russland seinen Einfluss auf das Regime von Präsident Baschar al-Assad geltend mache. Die USA würden das ihre tun. Von russischer Seite hieß es, der Schritt könnte der "Prolog zu einer vollwertigen Feuerpause" sein. "Aber wenn jemand wie die (Terrorgruppe) Al-Nusra-Front bewusst den Frieden nicht will, wird er alle Seiten ständig provozieren und beschießen", sagte Generalmajor Igor Konaschenkow.
Bei der Al-Nusra-Front handelt es sich um den syrischen Ableger des Terrornetzwerks Al Qaida. Sie ist von der Waffenruhe genauso ausgenommen wie die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Assad machte zugleich in einem Schreiben an Russlands Präsident Wladimir Putin deutlich, dass er weiter auf einen "endgültigen Sieg" gegen die Rebellen setzt.
UN-Untergeneralsekretär Jeffrey Feltman sagte in einer Sitzung des Sicherheitsrates, die Bombardements der syrischen Regierung in den vergangenen zwei Wochen zählten zu den schlimmsten seit Beginn des Bürgerkriegs. UN-Nothilfekoordinator Stephen O'Brien sprach von einem "Gemetzel" und erklärte, das Leben in Aleppo habe wegen der ständigen Gefahr von Attacken jeden Sinn verloren. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD ) forderte, die Waffenruhe einzuhalten und den Menschen in Aleppo "eine Atempause von Krieg und Gewalt zu verschaffen".
Zum Thema:
Hintergrund Bei Luftangriffen auf ein Flüchtlingslager im Nordwesten Syriens sind nach Angaben von der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mindestens 28 Menschen getötet und Dutzende weitere verletzt worden. Über die Angreifer machten die Aktivisten keine Angaben. afp