General zeichnete düsteres Afghanistan-Bild

London. US-General Stanley McChrystal (Foto: dpa) ist einem Pressebericht zufolge nicht nur wegen seiner umstrittenen Äußerungen zur US-Regierung als Nato-Oberbefehlshaber in Afghanistan entlassen worden. Die britische Zeitung "The Independent" berichtete gestern, dass auch eine sehr kritische Lage-Einschätzung zum Einsatz am Hindukusch ein Grund für seine Entlassung gewesen sei

London. US-General Stanley McChrystal (Foto: dpa) ist einem Pressebericht zufolge nicht nur wegen seiner umstrittenen Äußerungen zur US-Regierung als Nato-Oberbefehlshaber in Afghanistan entlassen worden. Die britische Zeitung "The Independent" berichtete gestern, dass auch eine sehr kritische Lage-Einschätzung zum Einsatz am Hindukusch ein Grund für seine Entlassung gewesen sei. Wenige Tage vor seiner Abberufung habe McChrystal in einem Briefing der Nato-Verteidigungsminister ein äußerst düsteres Bild von der Lage in Afghanistan gezeichnet, berichtete "The Independent" unter Berufung auf "informierte Kreise".

Unter Berufung auf vertrauliche Militärdokumente habe der Oberkommandierende die Minister davor gewarnt, in den kommenden sechs Monaten Fortschritte bei dem Einsatz zu erwarten. Laut "Independent" stufte McChrystal in dem Briefing nur einen Bruchteil des Landes als "sicher" ein. Nur die wenigsten der afghanischen Sicherheitskräfte arbeiteten "wirksam". Der Regierung in Kabul attestierte er dem Bericht zufolge, "unproduktiv und verrufen" zu sein. Zudem habe er den von US-Präsident Barack Obama anvisierten Beginn des Truppenabzugs im Juli 2011 in Zweifel gezogen.

Obama hatte McChrystal am Mittwoch nach abfälligen Äußerungen über die US-Regierung entlassen. Hintergrund war ein Artikel im US-Musikmagazin "Rolling Stone", in dem der Oberbefehlshaber mit scharfer Kritik an Vizepräsident Joe Biden und am US-Botschafter in Kabul, Karl Eikenberry, zitiert worden war.

Zu seinem Nachfolger ernannte Obama den bisherigen Chef des US-Zentralkommandos, David Petraeus, der noch vom Senat bestätigt werden muss. Nach McChrystals Absetzung mehren sich Zweifel an einem raschen Abzug der Soldaten aus dem Land. Zu dem von Obama angepeilten Termin Juli 2011 werde es wahrscheinlich keinen größeren Rückzug geben, sagte Obamas ehemaliger Afghanistan-Berater Bruce Riedel. Er bezieht sich auch auf Aussagen von Petraeus vor einem Senatsausschuss Mitte Juni. Danach sei das geplante Abzugsdatum abhängig von den Bedingungen im Felde. > Seite A 4: Analyse afp/dpa

Am Rande

Der Tod eines Bundeswehrsoldaten bei einem Gefecht in Afghanistan ist nach einem "Spiegel"-Bericht auch auf Ausrüstungsmängel zurückzuführen. Der 33-jährige Oberstabsarzt war am 15. April gefallen, als sein gepanzertes Sanitätsfahrzeug vom Typ "Yak" von Taliban mit einer Panzerabwehrrakete getroffen wurde. Ein Treffer an einer exponiert liegenden Bremsleitung soll dazu geführt haben, dass der "Yak" abrupt stehen blieb, angesichts des Beschusses nicht repariert werden konnte und deshalb ein leichtes Ziel bot.

Bei Anschlägen und einem Angriff in Afghanistan sind am Wochenende mindestens acht Soldaten der internationalen Schutztruppe Isaf getötet worden. Zur Identität der Opfer äußerte sich die Isaf wie üblich nicht.dpa

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