Für mehr Migranten im Staatsdienst

Berlin. Der öffentliche Dienst soll nach dem Willen der Regierung mehr Migranten einstellen. Menschen mit ausländischen Wurzeln seien aufgerufen, sich bei Behörden zu bewerben, sagte Kanzlerin Angela Merkel gestern nach dem Integrationsgipfel.Unter Merkels Vorsitz tagte der Integrationsgipfel zum fünften Mal seit 2006

Berlin. Der öffentliche Dienst soll nach dem Willen der Regierung mehr Migranten einstellen. Menschen mit ausländischen Wurzeln seien aufgerufen, sich bei Behörden zu bewerben, sagte Kanzlerin Angela Merkel gestern nach dem Integrationsgipfel.Unter Merkels Vorsitz tagte der Integrationsgipfel zum fünften Mal seit 2006. Mit am Tisch saßen 120 Vertreter des Bundes, der Länder, der Kommunen sowie großer Verbände. Die Teilnehmer beschlossen einen "Nationalen Aktionsplan Integration" zur besseren Eingliederung von Migranten in die deutsche Gesellschaft.

Eine feste Quote für Migranten im öffentlichen Dienst lehnte die Bundeskanzlerin ab. Sie verwies auf Werbemaßnahmen wie eine neu geschaffene Internetseite des Bundesinnenministeriums. Ohnehin existiert diesbezüglich keine präzise Erfassung: Lediglich der Mikrozensus, eine stichprobenartige Befragung der Bürger, gibt darüber Auskunft, dass womöglich nur 9,9 Prozent der Beschäftigten im öffentlichen Dienst einen Migrationshintergrund haben.

Der nächste Gipfel soll im ersten Halbjahr 2013 stattfinden und sich unter anderem dem Thema Sprache widmen. Die Beauftragte der Bundesregierung für Integration Maria Böhmer (CDU) sagte: "Für den Zusammenhalt unseres Landes ist es entscheidend, das sich die wachsende Vielfalt auch im öffentlichen Dienst widerspiegelt." Die Weichen seien gestellt: Bei Lehrern und Erzieherinnen sowie bei der Polizei verzeichne man einen "deutlichen Anstieg" von Beschäftigten mit Migrationshintergrund.

Die Konferenz wurde von positiven wie kritischen Reaktionen begleitet. Ali Ertan Toprak, Vorstandsmitglied der Alevitischen Gemeinde Deutschland, sagte, es habe unter Merkel "mehr Fortschritte bei der Integration gegeben als in den Jahrzehnten davor". Von Gewerkschaften, Grünen und Linkspartei hagelte es hingegen Kritik. "Von einem Integrationsgipfel, den sich Merkel persönlich zum Anliegen gemacht hat, muss man mehr erwarten", sagte Ulrich Thöne, der Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Es müsse darum gehen, "Diskriminierung von Menschen mit Migrationshintergrund zu beseitigen, Benachteiligung zu überwinden und Rassismus zu bekämpfen".

Die migrationspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Sevim Dagdelen, prophezeite, auch nach dem Gipfel werde sich an der Lebenssituation von Migranten "kaum etwas ändern". Die Bundesregierung betreibe "lediglich Symbolpolitik". Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Renate Künast sagte, der Gipfel habe im Wesentlichen "allgemeine Absichtserklärungen" gebracht. So gingen türkische Fachkräfte lieber in ihre Heimat zurück, weil sie dort bessere Möglichkeiten hätten und sich dort willkommen fühlten.

Hintergrund

In Deutschland lebten Ende 2010 mehr als 15,7 Millionen Menschen mit ausländischen Wurzeln. Das entsprach fast einem Fünftel der Gesamtbevölkerung. Bei Kindern unter zehn Jahren stammt bereits jedes Dritte aus einer Migrantenfamilie. Zwei Drittel der Menschen mit ausländischen Wurzeln wanderten ein, knapp ein Drittel wurde in Deutschland geboren. Mehr als 7,1 Millionen Menschen, fast neun Prozent der Gesamtbevölkerung, hatten einen ausländischen Pass. Mit rund 1,6 Millionen stellten Türken vor Italienern und Polen die größte Gruppe. Die meisten Ausländer wohnten 2010 in Berlin, Hamburg, Bremen, Baden-Württemberg und Hessen. dpa

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