Fremde Kohle für saarländische Bergleute

Uchtelfangen. Mit schnellen Bewegungen schippt Werner Fuchs Kohlen durch eine kleine Luke in seinen Keller. Trotz seiner 72 Jahre scheint ihm die Arbeit leicht von der Hand zu gehen. Stetig wird der schwarze Hügel kleiner. "Ich bin mit Kohle aufgewachsen", erzählt der frühere Bergmann, "und solange es geht, werde ich auch mit Kohle heizen

 Mann mit Kohle: Werner Fuchs aus Uchtelfangen. Foto: rech

Mann mit Kohle: Werner Fuchs aus Uchtelfangen. Foto: rech

Uchtelfangen. Mit schnellen Bewegungen schippt Werner Fuchs Kohlen durch eine kleine Luke in seinen Keller. Trotz seiner 72 Jahre scheint ihm die Arbeit leicht von der Hand zu gehen. Stetig wird der schwarze Hügel kleiner. "Ich bin mit Kohle aufgewachsen", erzählt der frühere Bergmann, "und solange es geht, werde ich auch mit Kohle heizen." 50 Zentner Kohle liegen vor dem Haus des Rentners in Uchtelfangen. Bezahlt hat Fuchs für den Kohlenberg nicht. Zusammen mit Tausenden von aktuellen und ehemaligen Bergleuten im Saarland hat Fuchs einen tariflichen Anspruch auf jährliche Kohlelieferungen durch seinen alten Arbeitgeber. Er bekommt sogenannte Deputatkohlen, auch Hausbrand genannt.Deputatkohlen haben im Saarland eine lange Tradition. 1790 sprach Fürst Ludwig von Nassau-Saarbrücken nach Angaben der RAG den Bergleuten in seinem Herrschaftsbereich "ein Fuder" Kohle (1550 Kilo) für den "Brand in den Stubenöfen" zu. Die späteren französischen und preußischen Besitzer der Gruben an der Saar übernahmen die Regelungen. Aus dem ganzen Land kamen die Bergleute und ihre Familien mit Pferde- oder Rinderfuhrwerken zur sogenannten Landabsatzstelle und warteten in langen Reihen an der Verladerampe darauf, ihre Kohle abzufahren. In den 1960er Jahren wurde der Hausbrand Bestandteil des Tarifvertrags der Saarbergwerke AG.

"Im vergangenen Jahr bekamen etwa 20 000 Bergleute und Ehemalige aus dem Saarland Deputatkohle", erklärt Karlheinz Pohmer, der Sprecher der RAG an der Saar. Unverheiratete Bergleute haben einen Anspruch auf fünf Tonnen im Jahr. Verheiratete mit Kindern erhalten 7,5 Tonnen. Rentner bekommen 2,5 Tonnen. "Insgesamt liefern wir jährlich zirka 30 000 Tonnen Deputatkohlen an Bezugsberechtigte im Saarland", sagt Pohmer. Alternativ zur Kohlelieferung können sich die Bergleute den Hausbrand auch zu Weltmarktpreisen auszahlen lassen. Aktuell gibt es etwa 110 Euro pro Tonne Kohle. Das ausgezahlte Geld muss aber noch versteuert werden.

Lange schon kommt die Kohle für die saarländischen Bergbaubeschäftigten nicht mehr aus heimischen Gruben - ist somit also auch nicht vom auslaufenden Bergbau betroffen. Seit 1999 die Kokerei Fürstenhausen stillgelegt und deren Koksbestände auf der Halde Ende 2001 zur Neige gingen, liefert das Bergwerk Ibbenbüren in Nordrhein-Westfalen den Hausbrand. Statt Koks wird nun Anthrazit-Kohle verheizt. Das ist eine hochwertige Steinkohle, die Koks in Bezug auf Heizwert und Aschegehalt überlegen ist. Zudem ist Anthrazit gegen Nässe unempfindlich und hat weniger Volumen als Koks.

Doch was passiert, wenn 2018 das letzte Steinkohlebergwerk in Deutschland schließt? Auch dann noch haben die Bergleute einen Anspruch auf Kohlelieferungen. "Niemand wird seines Hausbrandes verlustig gehen", beruhigt RAG-Sprecher Pohmer. "Wie es genau weitergeht, wissen wir aber noch nicht." Zwei Optionen stehen zur Wahl. Die erste Möglichkeit wäre, die Kohle auf dem Weltmarkt einzukaufen und dann ins Saarland zu bringen. Denkbar sei auch ein finanzieller Ausgleich für die Bezugsberechtigten, erklärt Pohmer.

Ex-Bergmann Werner Fuchs aus Uchtelfangen hält von der zweiten Idee reichlich wenig. "Ich gebe die Kohle nicht ab, solange ich selber heizen kann", sagt der 72-Jährige: "Für mich gibt es keine bessere Wärme als die aus meinem Kohleofen."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort