Freisprüche für die Retter der "Cap Anamur"

Agrigent. Über fünf Jahre nach der spektakulären Rettung afrikanischer Flüchtlinge sind der ehemalige "Cap Anamur"-Vorsitzende Elias Bierdel und sein Kapitän Stefan Schmidt (Foto: dpa) vor einem Gericht auf Sizilien freigesprochen worden. Beiden drohte wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung vier Jahre Haft

Agrigent. Über fünf Jahre nach der spektakulären Rettung afrikanischer Flüchtlinge sind der ehemalige "Cap Anamur"-Vorsitzende Elias Bierdel und sein Kapitän Stefan Schmidt (Foto: dpa) vor einem Gericht auf Sizilien freigesprochen worden. Beiden drohte wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung vier Jahre Haft. "Ich kann mich eigentlich nicht freuen, nur weil man von uns ablässt, nachdem man uns fünf Jahre durch dieses schändliche Verfahren gezerrt hat", sagte Bierdel nach der Urteilsverkündung. Bierdel und Schmidt hatten im Sommer 2004 mit dem Hilfsschiff "Cap Anamur II" im Mittelmeer 37 Afrikaner aus einem Schlauchboot gerettet, das zu sinken drohte. Die Flüchtlinge durften erst nach einer dreiwöchigen Irrfahrt durchs Mittelmeer in Sizilien an Land. Die italienischen Behörden hatten damals den Standpunkt vertreten, die Flüchtlinge hätten in Malta an Land gehen müssen, da sie in maltesischen Gewässern aufgegriffen worden seien. Schließlich gaben die Italiener unter dem Druck der Öffentlichkeit nach und nahmen die Afrikaner auf, schoben sie aber später ab.

Bierdel, der zunächst einen Schuldspruch aus "politischen" Gründen befürchtet und den Freispruch als "echte Sensation" gewertet hatte, meinte, der Prozess habe sich nur dann gelohnt, "wenn jetzt eine Diskussion losgeht über alle die, die da draußen auf See noch in großer Zahl ihr Leben verlieren". Schmidt reagierte erfreut: "Ich bin total erleichtert." Das Urteil sei wichtig "für alle, die Gutes tun".

Auch Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul begrüßte den Freispruch: "Das ist ein guter Tag für alle, die sich in humanitären Fragen engagieren." dpa

Meinung

Mutige Retter, mutiges Gericht

Von SZ-Korrespondent

Detlef Drewes

Es ist ein Freispruch im Namen der Menschlichkeit. Die Seeleute haben Leben gerettet - auch wenn es der italienischen Innenpolitik nicht in den Kram passt. Dass das Gericht sich gegen die Linie der Regierung gestellt hat, ist mutig. Aber angesichts der humanitären Verpflichtungen des Landes eine Selbstverständlichkeit. Natürlich muss sich eine Regierung Gedanken machen, wenn auf ein Land pro Jahr 36 500 Flüchtlinge zuströmen und die Nachbarn sich bei der Lastenteilung stur stellen. Aber wenn die Politik in Bedrängnis gerät, darf trotzdem die Menschlichkeit nicht leiden. Lebensretter zu verurteilen - es wäre ein Schlag ins Gesicht gewesen.

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