Frauke Petry gibt den Honecker

Berlin · Die Mitglieder verlassen die AfD in Scharen. Doch die neue Parteichefin Petry sagt: Kein Problem, der Schwund war schon eingepreist. Auch einen Rechtsruck bestreitet sie. Das sei schlimme Propaganda.

Ein bisschen klang Frauke Petry wie Erich Honecker auf dem Höhepunkt der Ausreisewelle aus der DDR. "Wir weinen ihnen keine Träne nach", tönte der SED-Chef damals. Sie sei "nur begrenzt traurig" über den Abgang vieler aus der alten Führungsriege, meinte gestern auch die neue Chefin der "Alternative für Deutschland " (AfD). Persönlich habe sie nach den Auseinandersetzungen und dem Machtwechsel beim Parteitag in Essen mit 20 Prozent Mitgliederschwund, also minus 4000, gerechnet. Da liege man mit aktuell nur 2000 Austritten sogar noch ganz gut.

Es war eine trotzige Pressekonferenz der 40-jährigen Sächsin, die sich vor Tagen überraschend deutlich gegen Parteigründer Bernd Lucke durchgesetzt hatte und nun alle wesentlichen Positionen mit ihren Gefolgsleuten besetzt hat. Die anderen vier Mitglieder des neuen Vorstandes brachte Petry mit zur ersten Präsentation auf die Dachterrasse der Berliner Parteizentrale. Die Botschaften: Es gebe keinen Rechtsruck, "die AfD steht inhaltlich genau da, wo sie vorher auch schon gestanden hat". Anti-Euro-Politik, mehr Volksentscheide , weniger Europa seien die Themen. Die Ausländerpolitik nannte sie als Letztes, ohne weitere Ausführungen. "Wir waren nie und werden nie der verlängerte Arm von Organisationen wie Pegida sein", betonte sie auf Nachfragen. Alles andere sei "Propaganda im schlimmsten Sinne" von Lucke.

Die zweite Botschaft Petrys: Vor einem Konkurrenzverein Luckes fürchtet sie sich nicht. "Es ist immer schön, wenn sich neue Parteien bilden", erklärte sie süffisant. "Allerdings hätte man sich auch im Frieden trennen können." Ob Lucke, dessen zuvor angekündigtes Austrittsschreiben gestern offiziell einging, tatsächlich eine neue Partei ins Leben ruft, ist weiter offen. Wenn es dazu komme, "dann sind wir das Original, die die Kopie", ordnete Petry schon mal vorsorglich das Gefechtsfeld.

Andere sind da nicht so locker. Außer den "rechten" Landesverbänden wie Sachsen oder Thüringen, die jetzt triumphieren, und den Lucke-treuen Gliederungen wie Schleswig-Holstein oder Rheinland-Pfalz, wo besonders viele Austritte zu verzeichnen sind, gibt es auch noch die neutralen. Niedersachsens Landeschef Armin-Paul Hampel etwa sagte der SZ, zwar sei mit Luckes Abwahl der Ballast des Führungskonfliktes abgeworfen worden, doch komme es jetzt für die AfD sehr darauf an, Kurs zu halten. Eine rein rechte Partei habe in Deutschland noch nie Erfolg gehabt. Nur als breit aufgestellte liberal-konservative Volkspartei habe die AfD eine Chance. Bei Neueintritten müsse man daher genau hinschauen. Frühere NPD-Mitglieder hätten in der Partei nichts zu suchen.

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