Kommentar Ein zartes Pflänzchen
Zweifellos, es tut sich was im Staate Saudi-Arabien. Jetzt also darf das weibliche Geschlecht unter anderem selbst über seine Reisen entscheiden. Für westliche Ohren mag sich das anhören wie aus der Zeit gefallen.
Und gewiss: Von einer passablen Gendergerechtigkeit ist das Königreich noch meilenweit entfernt. Frauen haben in vielen Bereichen weiterhin den rechtlichen Status von Minderjährigen. Dennoch wird die Liberalsierung von jungen Saudis als Wendepunkt gefeiert. Ursprung der Reformfreude dürfte aber kaum die Einsicht in die Notwendigkeit der Gleichstellung sein. Viel eher handelt es sich um politischen Opportunismus: Saudi-Arabien sucht den Rückhalt des Westens im Kampf um seine Vormachtstellung im Nahen Osten. Das Königshaus weiß genau, dass das bisherige archaisch patriarchalische Gesellschaftsbild diesem Ziel im Wege steht. Man möchte sich also als moderner Staat präsentieren. Indes wurzelt das zarte Pflänzchen Frauenrechte nicht in gesamtgesellschaftlichem Konsens: Sollten streng wahabische Kräfte die Macht in Riad an sich reißen, könnte das Rad schnell zurückgedreht werden.