Frankreich plant die totale Überwachung

Paris · Frankreichs Nationalversammlung debattiert über ein neues Gesetz, das den Geheimdiensten weitreichende Befugnisse einräumt. Die Agenten können Daten von Internetnutzern abfragen und Telefongespräche abhören.

Amédy Coulibaly, einer der Attentäter von Paris , hatte 13 Handys. Eines der Geräte empfing am 7. Januar um 10.19 Uhr eine SMS von Chérif Kouachi, der eine Stunde später zusammen mit seinem Bruder Said die Redaktion der Satirezeitung "Charlie Hebdo" überfiel und zwölf Menschen tötete. Frankreichs Geheimdienste fanden erst später heraus, wie die Islamisten kommunizierten.

Um Terrorverdächtige künftig besser zu überwachen, wird in der Nationalversammlung seit Montag ein neues Geheimdienstgesetz diskutiert. Die Kritiker befürchten eine regelrechte Massenüberwachung, die vor allem durch die "schwarzen Boxen" ermöglicht wird. Die Geräte sollen bei den Internetanbietern installiert werden, um im großen Stil das Aufrufen bestimmter Webseiten zu erfassen. "Es geht nicht nur darum, nützliche Daten zu erheben, die eine bestimmte Person betreffen, sondern auf undifferenzierte Art und Weise eine große Menge an Daten zu sammeln, die auch Personen außerhalb der Geheimdienstmission betreffen", kritisiert die Datenschutzbehörde CNIL. Ihre Warnung stößt bei vielen Franzosen auf taube Ohren: Laut einer Umfrage sind 63 Prozent zu einer Einschränkung ihrer Freiheitsrechte im Internet bereit.

Für die Regierung geht es darum, die Mittel an die modernen Methoden des Cyberterrorismus anzupassen. Wie mächtig Islamisten im Internet sind, hatte vergangene Woche der Angriff des Islamischen Staates auf den Sender TV5 Monde gezeigt. "Wir sehen uns neuartigen Bedrohungen gegenüber mit einer extrem ausgefeilten Nutzung der Digitaltechnik durch Terrororganisationen", sagte Innenminister Bernard Cazeneuve.

Die Geheimdienste könnten künftig aktiv werden, wenn Gefahr für die Landesverteidigung, die nationale Sicherheit, das Territorium, aber auch die grundlegenden Interessen der Außenpolitik und der Wirtschaft besteht. Weitreichend sind auch ihre Befugnisse. So dürften sie zur Überwachung Terrorverdächtiger Wanzen in Autos oder Wohnungen anbringen und Computer und Handys ausspähen. Ob tatsächlich die Telefone angezapft werden, entscheidet letztlich nur der Regierungschef - ohne richterlichen Beschluss. Einzig eine neue Kommission, die aus Abgeordneten, Juristen und technischen Experten besteht, wird zuvor angehört.

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