Fraktionen fordern Entschädigung für behinderte Heimkinder

Berlin · Vor Jahren ist für Heimkinder, die misshandelt wurden, ein Entschädigungsfonds eingerichtet worden. Doch diese Regelung gilt nicht für Behinderte. Die Bundestagsfraktionen drängen darauf, hier endlich Abhilfe zu schaffen.

Mit einem ungewöhnlichen gemeinsamen Appell haben sich die behindertenpolitischen Sprecher aller Bundestagsfraktionen an die Bundesländer gewandt: Sie sollen endlich den Weg für die Entschädigung von Behinderten frei machen, die als Kinder bis Anfang der 70er Jahre in meist kirchlichen Heimen untergebracht waren und dort oft misshandelt wurden. Für nicht behinderte Heimkinder gibt es solche Regelungen längst.

Es sei "nicht vermittelbar und nicht akzeptabel", wenn die Behinderten weiter benachteiligt würden, heißt es in dem Schreiben, das der SZ vorliegt. Heute treffen sich Vertreter der Staatskanzleien , Sozial- und Finanzministerien der Länder in Hamburg, um über das Problem zu beraten. Es ist der vorläufige Höhepunkt eines seit fünf Jahren andauernden Trauerspiels. Denn obwohl es seit 2011 immer wieder Beschlüsse des Bundestages und sogar der Länder selbst für eine solchen Fonds gab, obwohl zuletzt 2015 zwischen den Sozialministerien von Bund und Ländern mit den Kirchen ein gemeinsames Konzept erarbeitet wurde, werden die Betroffenen immer wieder vertröstet. Hintergrund sind Einwände der Länder-Finanzminister, denen die vorgeschlagene Hilfe zu teuer ist, zumal die Zahl der Betroffenen unklar ist.

Für die rund 800 000 Heimkinder der 50er bis 70er Jahre war 2011 ein Fonds geschaffen worden, der zunächst 120 Millionen Euro umfasste. 2015 wurde er wegen der vielen Anträge um 180 Millionen Euro aufgestockt. Einen parallelen Fonds gibt es für Ostdeutschland. Ein Konstruktionsfehler der Entschädigungsregelung war, dass ausgerechnet Behinderte , die zum Teil sogar in denselben Einrichtungen untergebracht waren, nicht darunter fielen. Denn formal waren sie nicht nach dem Jugendhilfegesetz eingewiesen worden, sondern dem Sozialgesetzbuch.

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