Seenotrettung Flüchtlingsverteilung ist weiter Zankapfel

Berlin/Rom · Das Sterben im Mittelmeer und die verzweifelte Suche der Retter nach einem sicheren Hafen bewegt viele Menschen. Eine Lösung ist aber nicht in Sicht.

  Private Seenotretter treffen weiterhin auf geschlossene Häfen in Europa. Doch wohin sollen sie mit den geretteten Menschen? Die Aufnahme zeigt Seenotretter, die Flüchtlinge von einem Schlauchboot bringen.

Private Seenotretter treffen weiterhin auf geschlossene Häfen in Europa. Doch wohin sollen sie mit den geretteten Menschen? Die Aufnahme zeigt Seenotretter, die Flüchtlinge von einem Schlauchboot bringen.

Foto: dpa/Fabian Heinz

Die Bundesregierung hält eine neue staatliche Seenot­rettungsmission im Mittelmeer momentan nicht für sinnvoll. Erst müsse die Frage der Aufnahme und der Verteilung der Migranten dauerhaft geregelt werden, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Montag in Berlin. Er räumte aber ein: „Es gibt da eine Lücke in der Seenotrettung.“ Die Lücke könne jedoch erst geschlossen werden, „wenn es danach einen Hafen gibt für die Schiffe, in den sie einfahren können“. Das Problem war am Wochenende wieder akut geworden, nachdem mehrere Schiffe mit geretteten Migranten einen sicheren Hafen zum Anlegen gesucht hatten. 65 Migranten, die die deutsche Hilfsorganisation Sea-Eye an Bord ihres Schiffes „Alan Kurdi“ genommen hatte, konnten nach ihrer Irrfahrt auf dem Mittelmeer am Sonntag in Malta an Land gehen. Wohin sie nun verteilt werden, ist allerdings unklar. Das Segelschiff „Alex“ war dagegen unerlaubt in den Hafen der italienischen Insel Lampedusa gefahren und wurde am Montag konfisziert.

Eine staatliche Seenotrettungsmission gibt es nicht mehr, seitdem die EU die Rettung von Migranten auf See im März vorerst eingestellt hatte. Hintergrund war ein Streit mit Italien über die Aufnahme der Menschen, die im Rahmen der Operation „Sophia“ gerettet wurden. Der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion im Bundestag, Jan Korte, forderte: „Die Seenotrettung muss wieder staatliche Aufgabe sein und nicht auf zivile Hilfsorganisationen abgewälzt werden.“ Rückführungen in Bürgerkriegsländer und „Folterstaaten“ wie Libyen müssten sofort eingestellt werden.

Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, die Not auf hoher See betreffe nicht nur die Mittelmeeranrainer und zwei oder drei Staaten im Zentrum Europas, sondern sei „eine Sache der europäischen Solidarität“. Das Bundesinnenministerium teilte mit, Deutschland habe seit Jahresbeginn 276 Migranten aufgenommen, die in Libyen vom UN-Flüchtlingshilfswerk ausgewählt worden waren.

Europa-Staatsminister Michael Roth hält eine gemeinsame Lösung aller EU-Staaten zum Umgang mit den geretteten Migranten nicht für realistisch. „Ich hab die Hoffnung aufgegeben, dass wir als gesamte Europäische Union uns auf einen entsprechenden Verteilungsmechanismus verständigen können“, sagte der SPD-Politiker im ARD-„Morgenmagazin“. „Aber wir arbeiten seit Monaten daran, dass eine Koalition von Staaten, die Geflüchtete aufnehmen wollen“, sich zusammenschließe, fügte er hinzu.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben. „Wir drängen weiter intensiv darauf, dass es einen festen Verteilmechanismus gibt, damit die Schiffe jeweils sofort den nächsten sicheren Hafen ansteuern können“, sagte ein Sprecher seines Ministeriums.

In den vergangenen Monaten hatte es immer wieder ein diplomatisches Tauziehen um gerettete Migranten gegeben. Italien und Malta hatten Rettungsschiffen privater Helfer wiederholt das Anlegen in ihren Häfen verwehrt. Malta stimmte mehrfach erst zu, nachdem andere EU-Länder zugesichert hatten, die Menschen aufzunehmen. Es blieb aber bei Einzelfallabsprachen.

Die vom deutschen Rettungsschiff „Alan Kurdi“ geretteten Migranten sollen nach ihrer Ankunft in Malta nun auch auf andere europäische Länder – auch auf Deutschland –  verteilt werden. Eine solche Lösung ist auch für mehr als 40 Migranten vorgesehen, die Mitte Juni von der deutschen Hilfsorganisation Sea-Watch gerettet worden waren.

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