Flüchtlingspolitik neu aufgelegt

Im CDU-Vorstand war Julia Klöckner vor einer Woche ungewöhnlich deutlich geworden. "Einfach mal die Klappe halten und arbeiten. Machen und nicht nur reden", bürstete die rheinland-pfälzische Parteichefin hinter verschlossenen Türen jene ab, die über den Flüchtlingskurs von Kanzlerin Angela Merkel nörgeln. Ein paar Tage später meldet sich die CDU-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl am 13. März selbst ziemlich lautstark zu Wort. Und präsentiert einen "Plan A2" zur Bewältigung der Flüchtlingskrise. Doch einen Rüffel der Kanzlerin muss sie dafür kaum fürchten. Dabei könnte das Konzept Klöckners auf den ersten Blick als Gegenkonzept zum "Wir-schaffen-das"-Mantra Merkels gelesen werden. Seit Beginn der Flüchtlingskrise setzt die Kanzlerin auf eine internationale Lösung. Doch immer deutlicher wird: So rasch dürfte sie es mit den oft unwilligen EU-Partnern kaum schaffen, die Zahl der Flüchtlinge spürbar zu reduzieren. Kritiker rufen deswegen längst nach einem Plan B, am lautesten jene aus der CSU . Also Klöckner gegen Merkel? Nationale Lösungen gegen internationale? Wer Klöckners "Plan A2" liest, kann auch andere Schlüsse ziehen. Zwar wird in Mainz beteuert, die auf zwei Seiten verfassten Punkte seien von der 43-Jährigen gemeinsam mit ihrem Team selbst entwickelt worden. Doch in Teilen lesen sich die Zeilen so, als seien sie von Merkels Flüchtlingskoordinator Peter Altmaier geschrieben worden. Dass die stellvertretende CDU-Vorsitzende Klöckner so illoyal sein würde, einen so weitreichenden Plan öffentlich zu machen, ohne das Plazet Merkels zu haben, gilt als ziemlich unwahrscheinlich. CDU-Generalsekretär Peter Tauber, ein Vertrauter der Kanzlerin, stellte sich denn auch schon hinter den Vorstoß. Spätestens seit der CDU-Vorstandsklausur vor zwei Wochen ist klar, dass der Kanzlerin bewusst ist: Ihr Flüchtlingskurs muss Erfolge zeigen, und zwar in den nächsten Wochen. Schon nach dem EU-Gipfel am 18./19. Februar will sie eine Zwischenbilanz ihrer europapolitischen Bemühungen ziehen. Erst international verhandeln und dann entscheiden, "was muss ich national noch tun", kündigte sie bei der CSU-Landtagsfraktion an. Was Klöckner aufgeschrieben hat, liest sich wie eine Blaupause für diesen nationalen Schritt. "Der Plan A einer europäischen Lösung für dieses europäische Problem ist nach wie vor richtig", schreibt sie - auch diese Formulierung dürfte Merkel gefallen. "Gleichzeitig müssen wir jetzt innenpolitisch und in den bilateralen Beziehungen zu Nachbar- und Transitländern einen Schritt weiter gehen." Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU ) betrachtet Klöckners Vorstoß nicht als gegen Kanzlerin Angela Merkel gerichtet. "Ich sehe das nicht als Absetzbewegung", sagte er gestern Abend in der ZDF-Sendung "Berlin direkt". Tatsächlich haben die Christdemokraten den Großteil schon früher aufgeschrieben. Darunter sind die von der CSU geforderten Transitzonen - jetzt werden sie Grenzzentren genannt. Auch dass Klöckner "eigene, tagesaktuelle Kontingente für Flüchtlinge " einführen will, dürfte für parteipolitischen Zündstoff sorgen. Wer will, kann daraus eine Obergrenze konstruieren - Kernforderung der CSU . Mit Merkel ist eine Obergrenze nicht zu machen. Richtung EU baut das Klöckner-Konzept eine bislang nicht formulierte Drohkulisse auf. Berlin könnte demnach uni- oder bilateral Maßnahmen mit Partnerländern beschließen. Im Klartext: Deutschland würde auf EU-Länder keine Rücksicht nehmen, die sich einer Lösung verweigern. Staaten, die Merkel bisher in der Flüchtlingskrise weitgehend hängen lassen, kann ein solcher deutscher Sonderweg kaum gefallen. Aber auch parteipolitische Hintergründe dürfte das Klöckner-Papier haben. Vor der Landtagswahl im März will die Spitzenkandidatin ihr Profil schärfen - nachdem ihre Partei zuletzt in Umfragen abgesackt ist. Aus der CSU kommt erster Beifall, und auch auf CDU-interne Kritiker Merkels wirken die Vorschläge befriedend.

Im CDU-Vorstand war Julia Klöckner vor einer Woche ungewöhnlich deutlich geworden. "Einfach mal die Klappe halten und arbeiten. Machen und nicht nur reden", bürstete die rheinland-pfälzische Parteichefin hinter verschlossenen Türen jene ab, die über den Flüchtlingskurs von Kanzlerin Angela Merkel nörgeln. Ein paar Tage später meldet sich die CDU-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl am 13. März selbst ziemlich lautstark zu Wort. Und präsentiert einen "Plan A2" zur Bewältigung der Flüchtlingskrise. Doch einen Rüffel der Kanzlerin muss sie dafür kaum fürchten.

Dabei könnte das Konzept Klöckners auf den ersten Blick als Gegenkonzept zum "Wir-schaffen-das"-Mantra Merkels gelesen werden. Seit Beginn der Flüchtlingskrise setzt die Kanzlerin auf eine internationale Lösung. Doch immer deutlicher wird: So rasch dürfte sie es mit den oft unwilligen EU-Partnern kaum schaffen, die Zahl der Flüchtlinge spürbar zu reduzieren. Kritiker rufen deswegen längst nach einem Plan B, am lautesten jene aus der CSU .

Also Klöckner gegen Merkel? Nationale Lösungen gegen internationale? Wer Klöckners "Plan A2" liest, kann auch andere Schlüsse ziehen. Zwar wird in Mainz beteuert, die auf zwei Seiten verfassten Punkte seien von der 43-Jährigen gemeinsam mit ihrem Team selbst entwickelt worden. Doch in Teilen lesen sich die Zeilen so, als seien sie von Merkels Flüchtlingskoordinator Peter Altmaier geschrieben worden.

Dass die stellvertretende CDU-Vorsitzende Klöckner so illoyal sein würde, einen so weitreichenden Plan öffentlich zu machen, ohne das Plazet Merkels zu haben, gilt als ziemlich unwahrscheinlich. CDU-Generalsekretär Peter Tauber, ein Vertrauter der Kanzlerin, stellte sich denn auch schon hinter den Vorstoß. Spätestens seit der CDU-Vorstandsklausur vor zwei Wochen ist klar, dass der Kanzlerin bewusst ist: Ihr Flüchtlingskurs muss Erfolge zeigen, und zwar in den nächsten Wochen. Schon nach dem EU-Gipfel am 18./19. Februar will sie eine Zwischenbilanz ihrer europapolitischen Bemühungen ziehen. Erst international verhandeln und dann entscheiden, "was muss ich national noch tun", kündigte sie bei der CSU-Landtagsfraktion an.

Was Klöckner aufgeschrieben hat, liest sich wie eine Blaupause für diesen nationalen Schritt. "Der Plan A einer europäischen Lösung für dieses europäische Problem ist nach wie vor richtig", schreibt sie - auch diese Formulierung dürfte Merkel gefallen. "Gleichzeitig müssen wir jetzt innenpolitisch und in den bilateralen Beziehungen zu Nachbar- und Transitländern einen Schritt weiter gehen."

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU ) betrachtet Klöckners Vorstoß nicht als gegen Kanzlerin Angela Merkel gerichtet. "Ich sehe das nicht als Absetzbewegung", sagte er gestern Abend in der ZDF-Sendung "Berlin direkt". Tatsächlich haben die Christdemokraten den Großteil schon früher aufgeschrieben. Darunter sind die von der CSU geforderten Transitzonen - jetzt werden sie Grenzzentren genannt. Auch dass Klöckner "eigene, tagesaktuelle Kontingente für Flüchtlinge " einführen will, dürfte für parteipolitischen Zündstoff sorgen. Wer will, kann daraus eine Obergrenze konstruieren - Kernforderung der CSU . Mit Merkel ist eine Obergrenze nicht zu machen.

Richtung EU baut das Klöckner-Konzept eine bislang nicht formulierte Drohkulisse auf. Berlin könnte demnach uni- oder bilateral Maßnahmen mit Partnerländern beschließen. Im Klartext: Deutschland würde auf EU-Länder keine Rücksicht nehmen, die sich einer Lösung verweigern. Staaten, die Merkel bisher in der Flüchtlingskrise weitgehend hängen lassen, kann ein solcher deutscher Sonderweg kaum gefallen.

Aber auch parteipolitische Hintergründe dürfte das Klöckner-Papier haben. Vor der Landtagswahl im März will die Spitzenkandidatin ihr Profil schärfen - nachdem ihre Partei zuletzt in Umfragen abgesackt ist. Aus der CSU kommt erster Beifall, und auch auf CDU-interne Kritiker Merkels wirken die Vorschläge befriedend.

Meinung:

Ist das der Befreiungsschlag?

Von SZ-Redakteurin Iris Neu

Julia Klöckner und Angela Merkel eint gegenwärtig vieles - auch jenseits bloßen Parteibuchs: Beide stehen unter exorbitantem Zeitdruck. Der Kanzlerin sitzt in Sachen Flüchtlingspolitik nicht nur die CSU im Nacken, auch in den eigenen CDU-Reihen kriselt es gewaltig. Noch stehen offiziell keine Königsmörder bereit, doch das könnte sich flott ändern. Merkel steckt bis über beide Ohren in der Malaise: Beugt sie sich ihren Kritikern, gilt sie als Opportunistin, die das Heft aus der Hand gibt. Hält sie eisern an ihrem Konzept fest, dürfte ihr Kanzlerstuhl endgültig kippen. Der innerparteiliche Flüchtlings-Zank droht ebenso CDU-Vize Julia Klöckner den Brei bei den bevorstehenden Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz zu verderben. Der Plan, der Klöckners Handschrift trägt, könnte indes als Profilschliff aufgehen. Ist er tatsächlich ein Befreiungsschlag? Merkel und Klöckner jedenfalls sitzen jetzt im selben Boot - und könnten gemeinsam darin untergehen, wenn "Plan A2" die Unions-Reihen nicht schließt.

Zum Thema:

HintergrundDie Kernpunkte von Julia Klöckners "Plan A2": Ausgangslage: Der Plan A einer europäischen Lösung für dieses europäische Problem ist nach wie vor richtig. (...) Grenzzentren und Hotspots: "An der deutsch-österreichischen Grenze werden Grenzzentren eingerichtet. (...) Dort erfolgen die Registrierung, Gesundheitschecks, eine Erstprüfung des Asylantrags und die Weiterverteilung (bei klarer Bleibeperspektive), bzw. schnelle Rückführung. (...) Deutschland unterstützt Italien und Griechenland jeweils bilateral beim Aufbau und Betrieb von Hotspots (...) Deutschland errichtet Registrierungszentren im syrisch- und irakischen Grenzgebiet der Türkei. (...) Deutschland führt eigene, tagesaktuelle Kontingente für die Flüchtlinge in den deutschen Grenzzentren und Hotspots ein. (...)" Umsetzung: "Auf deutschem Staatsgebiet findet eine Registrierung künftig nur noch dort statt und auch nur dort erhalten Flüchtlinge einen Flüchtlingsausweis". dpa

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