Finden sie wieder aus der Krise?

Berlin · Im Sport spricht man von einem Formtief. In der Politik ist das nicht anders. Vier Monate vor der Bundestagswahl stecken einige Politiker im Leistungstief. Wer und warum? Eine Übersicht.

Fast schon vier Jahre ist Ursula von der Leyen Verteidigungsministerin, erst jetzt hat die Oberbefehlshaberin der Bundeswehr offenbar gemerkt, dass in ihrer Truppe einiges schiefläuft. Es gibt Berichte über rechtextreme Tendenzen und sexuelle Übergriffe. Von der Leyen selbst spricht von "falsch verstandenem Korpsgeist" in der Bundeswehr. Die Opposition wirft ihr vor, die Probleme nicht früh genug erkannt zu haben. Andere kritisieren sie wegen ihrer pauschalen Vorwürfe gegen die Soldaten. Zuletzt schien es so, als ob die CDU-Politikerin einfach in Ruhe ihren Job machen würde. Jetzt ist sie als Krisenmanagerin gefragt - bislang nur bedingt überzeugend.

Wo ist Martin Schulz? Die Frage wird immer lauter gestellt. Der SPD-Kanzlerkandidat befindet sich seit einiger Zeit im "Standby"-Modus, keine neuen Ideen, keine inhaltlichen Akzente. Am Wochenende versuchte Schulz zwar den Ansatz eines Comebacks mit dem Plan, die Arbeitnehmer bei der gesetzlichen Krankenversicherung zu entlasten. Aber gezündet hat das nicht. Ist der Schulz-Effekt also verpufft? Zumindest hält der SPD-Chef seine Partei noch bei um die 30 Prozent in den Umfragen, was Anfang des Jahres unvorstellbar war. Doch Schulz muss wieder in die Gänge kommen. Denn Kanzlerin Angela Merkel (CDU) punktet gerade mit starken Auftritten an der Seite von Ivanka Trump, beim Brexit-Treffen und durch Dienstreisen nach Saudi-Arabien und Russland.

Einen schweren Stand hat derzeit auch Thomas de Maizière. Dass der Inneminister in der Formkrise steckt, zeigt sich durch seine Vorschläge für eine Leitkultur in Deutschland. Von vielen Seiten hat er dafür kräftig Kritik einstecken müssen. Es ist halt de Maizières durchsichtiger Versuch gewesen, nicht nur für die Union im konservativen Milieu zu mobilisieren. Sondern auch, die Schwesterpartei CSU abzuschütteln. Sie sägt bereits am Stuhl des CDU-Ministers, weil sie nach der Bundestagswahl das Ressort übernehmen möchte. Ob de Maizières umstrittener Aufschlag helfen wird, seine Position zu festigen, ist fraglich. Wie ein "schwarzer Sheriff" in alter Unions-Tradition wirkt er nicht.

Ratlos und planlos wirkt derzeit die Grünen-Spitze. Das grüne Duo Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt vermag es nicht zu überzeugen. Die Partei schneidet in den Umfragen so schlecht wie seit Jahren nicht ab. Grüne Themen sind derzeit nicht gefragt, und begeben sich die beiden Führungskräfte auf anderes Terrain, wirkt das meist wenig authentisch. Bei den Grünen herrscht derzeit lediglich das Prinzip Hoffnung. Soll heißen: Die Politik ist inzwischen so schnelllebig, dass bis zur Wahl plötzlich ein grünes Thema die allgemeine Debatte bestimmen könnte. So das Kalkül. Doch das ist einfach zu wenig, um aus dem Formtief zu kommen - und um bei der Bundestagswahl nicht unterzugehen.

Im Formtief steckt auch die neue AfD-Führung. Das Spitzenduo Alice Weidel und Alexander Gauland rockt bisher nicht. Zumal die beiden auf dem Parteitag der AfD die Vorsitzende Frauke Petry weit ins Abseits geschoben haben. Ausgerechnet Petry, die das Gesicht der AfD ist. Gauland kennt man nach seinem Boateng-Bashing, Weidel aber nicht.

Außerdem hat sie nun wohl Probleme damit, wo sie ihre Steuern bezahlt - in der Schweiz, wo sie wohnt, oder in Deutschland? In den Umfragen geht es für die mit dem Kölner Parteitag weiter nach rechts gedriftete Partei eher nach unten als wieder nach oben. Wie die Leistungskrise beendet werden könnte, darauf hat die AfD offenkundig noch keine Antwort gefunden.

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