FDP zeigt sich bei Steuer kompromissbereit

Berlin. In der FDP wächst offenbar die Kompromissbereitschaft bei ihrer umstrittenen Steuersenkungspolitik. Angesichts der prekären Haushaltslage müsse man sich der "Realpolitik stellen", zitierte der Berliner "Tagesspiegel" ein Mitglied aus "höchsten Parteikreisen". Die Liberalen wollten ihr Steuerkonzept nun den aktuellen Gegebenheiten anpassen

Berlin. In der FDP wächst offenbar die Kompromissbereitschaft bei ihrer umstrittenen Steuersenkungspolitik. Angesichts der prekären Haushaltslage müsse man sich der "Realpolitik stellen", zitierte der Berliner "Tagesspiegel" ein Mitglied aus "höchsten Parteikreisen". Die Liberalen wollten ihr Steuerkonzept nun den aktuellen Gegebenheiten anpassen.

Im Grundsatz hält die FDP aber an weiteren erheblichen Steuersenkungen fest, wie sie im Koalitionsvertrag mit der Union vereinbart sind. Klar sei, "dass wir Steuersenkungen wollen und dass sie kommen", betonte FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger (Foto: dpa). Zugleich versicherte sie jedoch, dass man "durch Sparen die nötigen Spielräume erarbeiten" wolle. Die Schuldenbremse des Grundgesetzes werde eingehalten.

Vizekanzler Guido Westerwelle stimmte unterdessen der Forderung des FDP-Ehrenvorsitzenden Hans-Dietrich Genscher zu, der von der Koalition eine entschlossene Haushaltskonsolidierung verlangt hatte. "Liebgewordene Positionen in Haushalt und Steuerrecht müssen ebenso zur Diskussion gestellt werden wie liebgewordene Zukunftspläne, die den Konsolidierungsprozess behindern könnten", hatte Genscher in einem Beitrag für den "Tagesspiegel" geschrieben. Die Zeitung zitierte Westerwelle jetzt mit den Worten: "Genschers Position entspricht voll und ganz unserer Meinungsbildung im Präsidium."

Der Generalsekretär der FDP, Christian Lindner, stellte zugleich klar, dass seine Partei weitere Steuersenkungen erst ab 2012 anpeile. Von einer Senkung der Steuern ab dem kommenden Jahr sei seine Partei nicht ausgegangen.

Auch der FDP-Steuerexperte Hermann Otto Solms signalisierte Entgegenkommen bei der geplanten Reform der Einkommensteuer: "Es muss nicht der Drei-Stufen-Tarif sein." Auch ein Vier- oder Fünfstufenmodell sei möglich, sagte Solms, der wie kein anderer für das FDP-Modell mit den Tarifsätzen 10, 25 und 35 Prozent steht. Außerdem wolle er "den Eingangs- und Spitzensteuersatz jetzt nicht senken". Vielmehr solle die "kalte Progression" beseitigt werden - also jener Effekt, wonach mit steigendem Bruttolohn die Steuer stärker steigt als das Einkommen selbst. ddp

Meinung

Aufatmen in

der Koalition

Von SZ-Korrespondent

Werner Kolhoff

Die Liberalen robben sich so langsam wie geschmeidig an die Wirklichkeit heran, die da lautet, dass der Staatshaushalt angesichts der Krisenlasten und der Verpflichtungen aus der Schuldenbremse zwar ein gerechteres Steuersystem verträgt, aber kaum ein niedrigeres. Noch heißt es bei der FDP freilich "vorerst nicht". Jetzt also heißt es auf 2012 warten. Oder wird es am Ende 2013, das Wahljahr? Oder kommt die Steuersenkung gar nicht? Egal. Für den Moment schafft die Verschiebung Luft in einem Streit, den die drei Partner ohne schwere Verwerfungen entweder ihres Bündnisses oder des Staatshaushaltes derzeit nicht klären könnten.

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