Fall Demjanjuk: US-Gericht verhängt Abschiebestopp

Berlin. Iwan Nikolajewitsch "John" Demjanjuk (Foto: afp) wird vorerst nicht nach Deutschland abgeschoben. Das bestätigte eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums am Samstag in Berlin. Demjanjuks Anwalt, John Broadley, hatte argumentiert, sein Mandant leide unter anderem an einer Vorform von Leukämie und an Nierenproblemen

Berlin. Iwan Nikolajewitsch "John" Demjanjuk (Foto: afp) wird vorerst nicht nach Deutschland abgeschoben. Das bestätigte eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums am Samstag in Berlin. Demjanjuks Anwalt, John Broadley, hatte argumentiert, sein Mandant leide unter anderem an einer Vorform von Leukämie und an Nierenproblemen. Broadley sagte, eine Auslieferung nach Deutschland und ein Prozess seien für den 89-Jährigen gleichbedeutend mit Folter. Ein Einwanderungsrichter im US-Bundesstaat Virginia hatte daraufhin die Abschiebung ausgesetzt.Die Staatsanwaltschaft München I wirft dem gebürtigen Ukrainer Demjanjuk vor, 1943 als Handlanger der SS im deutschen Vernichtungslager Sobibor im heutigen Polen an der Ermordung von mindestens 29 000 Menschen, darunter 1900 deutsche Juden, beteiligt gewesen zu sein. Bei Demjanjuk soll es sich um den Aufseher handeln, den die Gefangenen damals wegen seiner Grausamkeit "Iwan der Schreckliche" nannten. Demjanjuk bestreitet die Vorwürfe. Demjanjuk befindet sich bereits seit mehreren Jahrzehnten im Visier der Behörden. Er wanderte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs unerkannt in die USA aus. Als Ende der 70er Jahre seine mutmaßliche Mitwirkung am Holocaust bekannt wurde, lieferten ihn die USA 1986 an Israel aus. Dort wurde er wegen seiner Tätigkeit als Wachmann im nordöstlich von Warschau gelegenen Vernichtungslager Treblinka angeklagt. Der Prozess endete 1988 mit einem Todesurteil, doch der Oberste Gerichtshof Israels sprach Demjanjuk 1993 wieder frei, weil nicht sicher geklärt werden konnte, ob es sich bei ihm wirklich um den berüchtigten "Iwan" handelt. Seine Identität sehen die Behörden nun durch seinen ehemaligen SS-Dienstausweis als geklärt an. Das zunächst in Washington gelagerte Dokument wurde nach Deutschland gebracht und hier vom Bayerischen Landeskriminalamt auf seine Echtheit untersucht.

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