Experten: Wir sind nicht für Katastrophen gerüstet

Berlin. In der Öffentlichkeit gebe es "kaum ein Bewusstsein für die hohen Risiken" einer zunehmend vernetzten Gesellschaft, sagte SPD-Innenpolitiker Gerold Reichenbach gestern bei der Vorstellung eines "Grünbuchs" zur öffentlichen Sicherheit. Die gesetzlichen Grundlagen seien nur für den Verteidigungsfall geregelt

Berlin. In der Öffentlichkeit gebe es "kaum ein Bewusstsein für die hohen Risiken" einer zunehmend vernetzten Gesellschaft, sagte SPD-Innenpolitiker Gerold Reichenbach gestern bei der Vorstellung eines "Grünbuchs" zur öffentlichen Sicherheit. Die gesetzlichen Grundlagen seien nur für den Verteidigungsfall geregelt. Erforderlich sei jedoch ein nachhaltiges Sicherheitskonzept im zivilen Bereich. "Wir sind hochabhängig von überregionalen Versorgungs- und Kommunikationsnetzen", sagte Reichenbach. Sollten diese zusammenbrechen, sei auch die Sicherheit und Grundversorgung der Bevölkerung gefährdet. Im Falle eines Stromausfalls gebe es derzeit "kein einheitliches Risiko- und Krisenmanagement von Unternehmen und Staat", heißt es in dem "Grünbuch". Beim Ausbruch einer Pandemie, also der überregionalen Ausbreitung einer Infektionskrankheit, sei das deutsche Gesundheitssystem zudem "völlig überfordert", einen Notfallplan aufzustellen. Dabei würden sich Krankheitserreger wie Sars aufgrund des Klimawandels und der gestiegenen Mobilität der Menschen heute viel schneller vermehren. Kritik an LändergesetzenAuch reichten die Katastrophenschutzgesetze der Länder nicht aus. "Wir werden uns auf Bundesebene über die Chancen eines gemeinsamen Bevölkerungsschutzgesetzes auseinandersetzen", sagte Grünen-Politikerin Silke Stokar. Dass Deutschland nicht ausreichend auf Katastrophen eingestellt sei, liege vor allem auch daran, dass die Debatte um die öffentliche Sicherheit vor allem von der Terrorgefahr bestimmt werde. Die Auseinandersetzung mit diesen Gefahren dürfe jedoch "nicht den Blick dafür verstellen", dass die Risiken für die Menschen auch aus Unfällen, Naturkatastrophen oder Pandemien erwachsen. Die ebenfalls an der Studie beteiligten Abgeordneten Ralf Göbel (CDU) und Hartfrid Wolff (FDP) erhoffen sich eine zunehmende Sensibilisierung der Bevölkerung. Jeder einzelne Bürger müsse sich über seine Lebensumstände Gedanken machen und für den Ernstfall vorsorgen. Die Linke kritisierte die Studie als "Augenwischerei". afp

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