Anhörung im Repräsentantenhaus Trumps Ex-Anwalt Cohen packt aus

Washington · Während der US-Präsident in Vietnam weilt, belastet ihn sein Jurist und früherer Vertrauter in einer Anhörung vor dem Repräsentantenhaus schwer.

 Michael Cohen wirft Donald Trump in einer Anhörung Rechtsverstöße und Lügen vor.

Michael Cohen wirft Donald Trump in einer Anhörung Rechtsverstöße und Lügen vor.

Foto: AP/Manuel Balce Ceneta

Es dauert keine zwei Minuten, bis Michael Cohen von seiner Scham spricht. Er schäme sich für seine Schwäche. Er schäme sich, weil er sich Donald Trump gegenüber lange loyal verhalten und damit dessen rechtswidriges Handeln verschleiert habe, statt auf sein eigenes Gewissen zu hören, sagt er. „Ich schäme mich, weil ich weiß, was Herr Trump ist. Er ist ein Rassist. Er ist ein Betrüger. Er ist ein Schwindler.“

Mehr als zehn Jahre, bis 2017, war Michael Cohen der Anwalt und Ausputzer von Donald Trump. Im Dezember wurde er von einem Gericht in New York zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Anfang Mai muss er hinter Gitter, gestern aber steht er im Rampenlicht, fast so zentral wie der Präsident, der in Hanoi mit Kim Jong Un, dem Machthaber Nordkoreas, über nukleare Abrüstung verhandelt. Der für die Kontrolle der Regierungsgeschäfte zuständige Ausschuss des Repräsentantenhauses hat Cohen vorgeladen, und der nutzt die Chance, um mit seinem ehemaligen Chef abzurechnen.

Der Rassist Trump, geht er ins Detail, habe ihn einmal gefragt, ob er ein einziges Land nennen könne, das von einer schwarzen Person regiert werde und kein Drecksloch sei. Zu dieser Zeit, ordnet er es ein, sei Barack Obama Präsident im Weißen Haus gewesen. Auf einer Fahrt durch Chicago, durch ein vorwiegend von Afroamerikanern bewohntes Problemviertel, habe der Tycoon kommentiert: „Nur Schwarze können so leben.“ Schwarze Menschen, habe er bei anderer Gelegenheit gewettert, würden nie für ihn stimmen: „Dafür sind sie zu dumm.“

Der Betrüger Trump, so schildert es Cohen, habe sein Vermögen entweder aufgebauscht oder kleingerechnet, je nachdem, welchem Zweck es gerade diente. Ging es um das Magazin „Forbes“ mit seiner Liste der reichsten Menschen der Welt, habe er die Zahlen nach oben manipuliert. Auch als er die Buffalo Bills, einen Footballclub, kaufen und sich bei der Deutschen Bank Geld leihen wollte, habe er tadellose Kreditwürdigkeit herausgestellt. Ging es dagegen um die Grundstückssteuer, habe er den Wert seiner Immobilien eher heruntergespielt. Um es zu belegen, präsentiert Cohen Papiere: Finanzberichte aus den Jahren 2011 bis 2013.

Drittens, der Schwindler Trump. In seinem Auftrag musste Cohen der Pornodarstellerin Stephanie Clifford alias Stormy Daniels 130 000 Dollar Schweigegeld zahlen, um sie daran zu hindern, kurz vor der Wahl im Jahr 2016 mit ihrer Geschichte über eine Sexaffäre mit dem Präsidentschaftskandidaten an die Öffentlichkeit zu gehen. Cohen soll dafür mit einer Freiheitsstrafe büßen, da er mit der heimlichen Zuwendung gegen den Paragrafen zur Wahlkampffinanzierung verstieß. Er müsse ins Gefängnis, sagt er, weil er Trump geholfen habe, „eine Zahlung vor dem amerikanischen Volk zu verbergen, das nur wenige Tage darauf abstimmen würde.“ Dann enthüllt er Details, die den Präsidenten womöglich in höchste Erklärungsnot bringen. Der nämlich habe ihm im Laufe seines ersten Jahres im Oval Office erstattet, was er, Cohen, im Fall Clifford ausgelegt habe. In elf kleineren Tranchen, abgebucht von seinem persönlichen Konto. Zum Beweis hat Cohen dem Ausschuss einen der Schecks übergeben, ausgestellt am 1. August 2017, nach sechs Monaten im Amt. Der Präsident der Vereinigten Staaten, fasst Cohen das Kapitel zusammen, habe mitgewirkt an einem kriminellen Plan, um Gesetze der Wahlkampffinanzierung zu verletzen.

Die nächste Bombe lässt der Ex-Anwalt platzen, als er beschreibt, wie Trumps Umfeld mit Julian Assange zusammenarbeitete, dem Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks. Bislang hat der damalige Präsidentschaftsbewerber kategorisch bestritten, darüber im Bilde gewesen zu sein. Nun stempelt Cohen auch das zur Lüge ab. In Wahrheit habe Trump vorab gewusst, was passieren würde zum Auftakt des Nominierungsparteitags der Demokraten, der Hillary Clinton im Juli 2016 zur Kandidatin fürs Weiße Haus kürte. Roger Stone, ein alter Vertrauter, habe ihn wenige Tage zuvor angerufen, um ihm mitzuteilen, dass Wikileaks von Hackern gestohlene E-Mails aus der Parteizentrale der Demokraten veröffentlichen würde. Sein Boss habe das Telefon laut gestellt, sodass auch er es hören konnte. Schließlich ein Hochhausprojekt in Moskau: Nach Cohens Worten hat man bis Juni 2016 darüber verhandelt, obwohl Trump es immer so dargestellt hatte, als seien die Sondierungen mit Beginn des republikanischen Kandidatenwettstreits im Januar eingestellt worden. „Wie läuft es in Russland?“, habe ihn Trump oft gefragt, auch noch während der Vorwahlen der Konservativen.

Herr Trump, beendet Michael Cohen seinen halbstündigen Monolog, habe ihn eine Ratte genannt, weil er die Wahrheit sage. „So würde es ein Mafiaboss tun, wenn einer seiner Männer beschließt, mit der Regierung zu kooperieren.“

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