Europa-Zoff im Bundestag

Berlin. Der geplante EU-Sparhaushalt bis 2020 sorgt im Wahljahr für heftigen Streit im Bundestag. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gestern von einem europäischen Etat mit Augenmaß sprach, warnte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück vor einer Verelendung großer Teile Europas

 Auf der Regierungsbank des Bundestages hielt sich das Interesse an der Rede des SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück zum EU-Haushalt scheinbar in Grenzen. Foto: Kappler/dpa

Auf der Regierungsbank des Bundestages hielt sich das Interesse an der Rede des SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück zum EU-Haushalt scheinbar in Grenzen. Foto: Kappler/dpa

Berlin. Der geplante EU-Sparhaushalt bis 2020 sorgt im Wahljahr für heftigen Streit im Bundestag. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gestern von einem europäischen Etat mit Augenmaß sprach, warnte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück vor einer Verelendung großer Teile Europas.

Auf ihrem Gipfel in Brüssel hatten sich die 27 EU-Staats- und Regierungschefs Mitte Februar nach langen Debatten auf einen Haushalt der Europäischen Union für die Jahre 2014 bis 2020 geeinigt. Er sieht Ausgaben von 960 Milliarden Euro vor, das ist ein Minus von drei Prozent im Vergleich zur vorherigen Sieben-Jahres-Periode. Es ist das erste Mal in der EU-Geschichte, dass der Gemeinschaftshaushalt einmal schrumpft. Dagegen hat das Europäische Parlament, das erstmals mitbestimmen darf, inzwischen schon sein Veto eingelegt.

Merkel verteidigte in ihrer Regierungserklärung den hart errungenen Abschluss der EU-Finanzplanungen. Der Kompromiss von Brüssel schaffe "Planbarkeit und Sicherheit für alle", sagte sie. Auch entsprächen die neue Obergrenze dem, was in den EU-Mitgliedstaaten gerade noch geleistet werden könne. Der Haushalt nehme im Übrigen die "Starken in die Pflicht" und stelle zugleich auch Fairness zwischen den Nettozahlern her, fügte Merkel hinzu. Zudem setze der Haushalt Schwerpunkte wie beispielsweise die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit.

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück nutzte die anschließende Aussprache zu einer Generalkritik an der Europapolitik der schwarz-gelben Regierung. "Europa ist leider nach wie vor in keiner guten Verfassung", sagte Steinbrück und betonte, daran trage auch Merkel eine Mitschuld. Denn mit ihrer Hilfe habe sich der EU-Gipfel auf einen so engen Finanzrahmen verständigt, der viel politischen Sprengstoff biete. Für viele Länder bestehe die Gefahr, dass "aus Sparen ein Kaputtsparen" werde. In Teilen Europas drohe eine massenweisen Verelendung. Steinbrück attackierte Merkel auch direkt: "Sie sind eine Last-Minute-Kanzlerin. Sie haben eine Neigung zum Noch-nicht-Handeln."

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle griff Steinbrück frontal an, lobte zunächst aber erst einmal eine "hohe Staatskunst" von Merkel. Auf dem EU-Gipfel sei es ihr gelungen, die Nettozahler bei der Stange zu halten, sagte Brüderle unter Verweis auf die anfangs starre Haltung Großbritanniens. Deshalb sei er froh, dass die Kanzlerin in Brüssel verhandelt habe, und nicht Peer Steinbrück, "der schon mal als 'diplomatische Neutronenbombe' bezeichnet wurde".

Linken-Fraktionsvize Sahra Wagenknecht bemängelte, statt den Euro langfristig zu stabilisieren und die Zukunft der EU-Bürger zu sichern, habe es in den vergangenen Jahren nur ein "Großbanken-Subventionsprogramm" mit einer milliardenschweren "Vollkasko-Verlustversicherung" gegeben. Die Grünen nannten den Sparhaushalt eine falsche Weichenstellung in Zeiten einer anhaltenden Wirtschaftskrise. Statt zu investieren werde weiter subventioniert und Klientelpolitik betrieben, klagte Fraktionschef Jürgen Trittin. "Das, Frau Bundeskanzlerin, ist nicht mehr Europa, sondern weniger Europa." dapd

"Sie sind eine Last-Minute-

Kanzlerin."

 Auf der Regierungsbank des Bundestages hielt sich das Interesse an der Rede des SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück zum EU-Haushalt scheinbar in Grenzen. Foto: Kappler/dpa

Auf der Regierungsbank des Bundestages hielt sich das Interesse an der Rede des SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück zum EU-Haushalt scheinbar in Grenzen. Foto: Kappler/dpa

Peer Steinbrück (SPD)

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