EU verhindert Lettlands Bankrott

Brüssel. "Domino-Day" nennen internationale Finanzexperten zynisch das, was die 27 EU-Finanzminister da gestern in Brüssel zu verhindern suchten: das dritte Stadium der weltweiten Geldmarkt-Krise. Erst kippten die Banken, dann die Unternehmen. Jetzt sind die Länder dran

Brüssel. "Domino-Day" nennen internationale Finanzexperten zynisch das, was die 27 EU-Finanzminister da gestern in Brüssel zu verhindern suchten: das dritte Stadium der weltweiten Geldmarkt-Krise. Erst kippten die Banken, dann die Unternehmen. Jetzt sind die Länder dran. Nach Ungarn und Griechenland muss Europa nun den Letten zur Seite springen: 3,5 Milliarden Euro eines 7,5-Milliarden-Hilfspaketes übernimmt Brüssel. Das beschlossen die Finanzminister. Es war höchste Zeit. In Riga treibt die Wut die Menschen bereits auf die Straße.Dabei galt das Land lange als "baltischer Tiger" und Musterschüler mit Zuwachsraten von bis zu zehn Prozent beim Bruttoinlandsprodukt. Doch das war 2007. Schon 2008 gab es nur noch ein Nullwachstum, derzeit wird mit einem Minus von fünf Prozent gerechnet, einige sprechen gar von 15 Prozent. Der Staatsbankrott droht. Ebenso wie zuvor Ungarn, das über seine allzu großzügige Ausgabe von Schuldverschreibungen stolperte, die man an ausländische Währungen - vor allem den japanischen Yen - gekoppelt hatte. Als der in die Höhe schnellte, rutschte der Forint ab, Investoren zogen schnell ihr Geld ab, die EU sprang mit 6,5 Milliarden ein. Der beim letzten EU-Gipfel von zwölf auf 25 Milliarden Euro erhöhte Hilfsfonds in Brüssel leert sich schneller, als die Finanzminister gucken können. Vor allem jene Länder, die mehr importiert als ausgeführt hatten, sind bedroht. Griechenlands Leistungsbilanz-Defizit liegt bei derzeit 14 Prozent. Athen benötigt 67 Milliarden Euro an Kapitalhilfen. Spanien und Belgien mit einem Defizit von je zehn Prozent gelten als nächste Wackelkandidaten. Geld aus Brüssel gilt bei vielen immer noch als wichtigste Hilfe, weil es bei anderen Kreditgebern wie dem Internationalen Währungsfonds (IWF) als Bonitätsbestätigung gilt. Dort liegen, bestätigte Londons Premier Gordon Brown noch vor kurzem, 250 Milliarden Euro als Notgroschen gegen den Staatsbankrott. "Das könnte nicht ausreichend sein." Inzwischen haben sich die ersten Ideen über Alternativen wieder zerschlagen. Noch vor dem Jahreswechsel war laut über höhere Zuwendungen aus Staaten nachgedacht worden, die hohe Reserven haben - wie China und Russland. Zumindest Moskau traut man nach der Gaskrise auf dem internationalen Finanzparkett nicht mehr über den Weg. Da bleiben außer dem IWF und der EU kaum verlässliche Alternativen. Die aber binden ihre Hilfszusagen an politische Reformzusagen. Das gilt auch für Lettland, das nicht nur unter dem Nachlassen seiner Wirtschaftskraft leidet, sondern auch unter Meldungen, in denen von Korruption, Vetternwirtschaft und Skandalen berichtet wird. dr

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