EU soll noch härter gegen Bestechlichkeit kämpfen
Berlin · Wer hat wo die Finger im Spiel und vertritt welche Interessen? Transparency International mahnt, die EU müsse mehr tun, um sich gegen Korruption und den Ansturm von Lobbyisten zu wappnen.
Die EU-Behörden gelten gemeinhin als undurchschaubar und damit als Hort möglicher Korruption. Folgt man aber der gestern in Berlin veröffentlichten Studie von Transparency International, so sind sie besser als ihr Ruf. Und für die Vorsitzende von Transparency Deutschland, Edda Müller, kann sogar das deutsche Parlament bei der Offenlegung von Gesetzgebungsverfahren von Brüssel lernen. Allerdings müsse Brüssel noch mehr für eine "korruptionssichere" EU tun. "Vor allem reichen die Schranken gegen einen ausufernden Lobbyismus nicht aus", meint Müller.
Für die Studie haben Fachleute von Transparency im vergangenen und im laufenden Jahr über neun Monate hinweg zehn Institutionen unter die Lupe genommen. Dazu gehörten die Kommission, das Parlament, der Rat sowie der Gerichts- und Rechnungshof der Europäischen Union und natürlich auch OLAF, die hauseigene Antikorruptionsbehörde. Vor allem in der Praxis hapert es laut Studie. Die Regeln böten "eine gute Basis" für Integrität. "Allerdings werden diese Regeln oft nicht umgesetzt, es mangelt am politischen Willen und an den entsprechenden Ressourcen", beklagen die Autoren. Ein Einfallstor für Korruption sehen sie vor allem im verdeckten Einfluss von Lobbyisten. Dabei ist die Interessenvertretung nach Müllers Worten absolut notwendig. Korruption beginne aber dort, wo allein durch Macht privater Vorteil angestrebt werde.
Angesichts der hohen Komplexität der Brüsseler Verfahren werben Firmen gerne ehemalige Beamte oder Parlamentarier an. Dieser "Drehtüreffekt" sorgte im Fall von Martin Bangemann (FDP) für Aufsehen. Nach seiner Zeit als EU-Kommissar wechselte er in ein Unternehmen, dessen Geschäftsfeld in sein früheres Aufgabengebiet als Kommissar fiel. Dies gab Anlass für einen Verhaltenskodex. Die nun geltende Karenzzeit von 18 Monaten für hohe Beamte und Kommissare wird nach Ansicht von Müller aber weiterhin "zu lax" gehandhabt.
Um offenzulegen, wer wie für wen tätig ist, verlangt Transparency ein verpflichtendes Lobbyisten-Register. Nach Müllers Angabe sind mit rund 6000 Eintragungen derzeit weniger als die Hälfte der Interessenvertreter öffentlich registriert. Transparency fordert ferner, dass auch jene Experten, die an der Abfassung von Gesetzestexten mitarbeiten, verpflichtend darlegen, welche Interessen sie vertreten. Zudem sollten Textpassagen von Interessenvertreten in Gesetzentwürfen als solche ausgewiesen werden.