EU schafft gemeinsames Asylrecht

Der Traum vom gemeinsamen Asylrecht begann 1999. Nun ist er mit der Zustimmung des Europäischen Parlamentes endlich Wirklichkeit. SZ-Korrespondent Detlef Drewes erklärt, was künftig in allen 27 Mitgliedstaaten gilt.

Hunderttausende Flüchtlinge und Asylbewerber landen jährlich an den Grenzen der EU. Viele werden unmenschlich behandelt. Ändert sich das jetzt?

2012 kamen 330 000 Menschen in der EU an, vor allem in Italien, Malta und Griechenland. Das bisherige Verfahren wird nicht geändert: Demnach ist der Staat zuständig, den ein Einreisender als Erstes betritt. Wird ein Flüchtling in einem anderen Land aufgegriffen, kann er in das (Erst-)Aufnahmeland zurückgeschickt werden.

Bisher ziehen sich Verfahren jahrelang hin. Wird das nun besser?

Ja. Die neuen Gesetze sehen vor, dass ein Verfahren grundsätzlich in sechs Monaten abgeschlossen werden muss. Nur in Ausnahmefällen darf es 18 Monate dauern. Besonderes Augenmerk gilt den Minderjährigen: Alle Personen unter 18 Jahren sollen einen Beistand bekommen. Das Schnellverfahren an deutschen Flughäfen darf bei Kindern und Folteropfern nicht mehr angewendet werden.

Wann hat jemand ein Asylrecht?

Es bleibt natürlich dabei, dass dieses Recht bei politischer oder religiöser Verfolgung und Gefahr für Leib und Leben gewährt werden muss. Künftig sollen auch diejenigen Asyl bekommen können, denen aus anderen Gründen Gefahren drohen. Anerkannte Asylanten haben künftig nach neun Monaten ein Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt und zur Gesundheitsversorgung. Auch hier muss Deutschland nachlegen.

Bekommen Asylbewerber Sozialhilfe?

Ursprünglich wollte die Kommission erreichen, dass Flüchtlinge und Asylbewerber den Regelsatz der Sozialhilfe erhalten. Nach heftigen Protesten der Bundesregierung bleibt es dabei, dass jeder Staat selbst entscheiden kann, ob er die Hilfe in bar auszahlt oder Sachleistungen aushändigt.

Wie müssen abgelehnte Asylbewerber behandelt werden?

Hier hat die EU neue Standards definiert. Das beginnt bei der Verpflichtung, einen Rechtsbeistand zu stellen, Kontakt zu Kindern oder Familie sicherzustellen und Zugang zum Freien zu haben. Außerdem dürfen Asylanten nicht länger gemeinsam mit anderen Strafgefangenen gemeinsam untergebracht werden.

Werden tatsächlich Fingerabdrücke aller Einreisenden gespeichert?

Eurodac - so heißt die entsprechende EU-Datei - gibt es seit zehn Jahren. Neu ist, dass auch die Sicherheitsbehörden Zugriff auf die Informationen bekommen. Damit soll die Verfolgung terroristischer oder krimineller Personen erleichtert werden. Außerdem will man Menschen, die nach einem abgelehnten Antrag eine erneute Einreise versuchen, leichter identifizieren können. Die Speicherdauer wurde von zwei Jahren auf 18 Monate gesenkt. Außerdem dürfen Informationen der Eurodac-Datei nicht an Staaten oder Behörden außerhalb der EU weitergegeben werden.

Werden Asylbewerber und Flüchtlinge eigentlich gleich behandelt?

Nein, es handelt sich rechtlich um zwei Gruppen. Flüchtlinge müssen beispielsweise deutlich länger auf eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis warten. Für Asylanten ist das Asylgesetz zuständig.

Dürfen sich anerkannte Asylanten innerhalb der EU frei bewegen?

Ja. Wer von einem Mitgliedstaat anerkannt wurde, wird von allen als Asylant akzeptiert. Er kann sich in der EU frei bewegen und niederlassen, wo er möchte.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort