Essen der Zukunft: Experten diskutieren in Mailand Ernährungstrends

Berlin · Das Steak kommt aus dem Drucker, das Ei hat noch nie ein Huhn gesehen und das Küchenmesser wird zum persönlichen Ernährungsberater – beim Thema Essen der Zukunft klingt vieles nach Science Fiction. Was sind Hirngespinste und welche Trends könnten schon bald Realität werden?

 Ein Burger aus dem 3D-Drucker? Das könnte in der Zukunft normaler Alltag sein. Foto: Fotolia

Ein Burger aus dem 3D-Drucker? Das könnte in der Zukunft normaler Alltag sein. Foto: Fotolia

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Das Schnitzel der Zukunft wächst wohl im Reagenzglas. Die Currywurst wird hingegen ausgedruckt. Zuhause oder im Laden. Glaubt man Ernährungsexperten und Trendforschern, dann könnte das in einigen Jahren in Deutschland Normalität sein. "Ob wir das gut finden oder nicht, die Welt wird in zehn Jahren wesentlich mehr Nahrungsmittel industriell produzieren müssen als heute", sagt Trendforscher Sven Gábor Jánszky, Leiter des Leipziger Trendinstituts 2b Ahead. "Schokolade aus dem Drucker und Kunstfleisch werden wohl zur Normalität", meint der Experte.

Die Gründe dafür sieht Jánszky nicht allein in den sich wandelnden Essgewohnheiten. Nach Angaben der Vereinten Nationen wird die Weltbevölkerung bis 2050 auf neun Milliarden Menschen ansteigen. Zugleich wollen den Prognosen zufolge immer mehr Menschen Fleisch essen, die landwirtschaftlichen Anbauflächen werden aber nicht größer. Auf der Weltausstellung Expo in Mailand beschäftigen sich deshalb ab dem 1. Mai Experten aus 150 Nationen mit der Frage, wie die Menschheit in der Zukunft ernährt werden kann. Ein Überblick über mögliche Ernährungstrends :

Essen aus dem Drucker: "Schatz, wirf schon mal den Drucker an", könnte es bald heißen und mit dem Smartphone wäre ein Gericht programmiert und etwas später ausgedruckt. Weltweit tüfteln Forscher an der Aufgabe, Essen mit dem 3D-Drucker herzustellen. "Dies wird in fünf bis zehn Jahren in Deutschland ein rasch wachsendes Segment sein", sagt Trendforscher Jánszky. So will etwa der Lebensmittelkonzern Barilla Geräte an Restaurants verkaufen, die auf Knopfdruck Nudelsorten in Wunschform erzeugen. "Die einen haben einen solchen 3D-Essensdrucker in der eigenen Küche, die anderen machen es im Supermarkt", prophezeit Jánszky.

Ei ohne Huhn: Das Ei der Zukunft müsse nicht zwangsläufig von einem Tier, etwa einem Huhn, gelegt werden, meint Kommunikationswissenschaftler Christian Schindler, der im Internet einen Blog über das Essen der Zukunft hat. Pulver aus gemahlenen Bohnen, Erbsen, Hirse und anderen Pflanzen könnten das Ei vor allem bei verarbeiteten Produkten ersetzen: In der Mayonnaise, in Nudeln, Kuchen oder als Rührei. "Schon heute hat die Eier-Lobby in den USA Respekt vor den jungen Food-Kreatoren - denn das pflanzliche Ei könnte bald preiswerter als das herkömmliche sein", sagt Schindler. Die Vorteile liegen auf der Hand: Pflanzen produzierten weniger Treibhausgase, benötigten nicht so viel Wasser und es müsse kein Tier leiden.

Fleisch aus dem Labor: 2013 haben Wissenschaftler von der Universität Maastricht erstmals eine Frikadelle aus Stammzellen von Rindern hergestellt. Die Forscher sind der Ansicht, Fleisch aus dem Labor könne dabei helfen, weltweit den wachsenden Hunger auf Fleisch zu stillen. In zehn bis zwanzig Jahren könne mit der kommerziellen Produktion begonnen werden. "Künstlich hergestelltes Fleisch , das genauso aussieht und schmeckt, wie natürliches Fleisch , wird die billige und klimaneutrale Alternative sein", sagt Forscher Jánszky. Doch nicht alle sehen das so: "Verbraucher dürften in Europa Laborfleisch mit Skepsis betrachten", meint dagegen Christian Fronczak vom Bundeslandwirtschaftsministerium.

Fleischlos: "Vegetarisch und vegan sind definitiv im Kommen", sagt Ernährungswissenschaftlerin Rützler. Alternativen gibt es durchaus viele: Tofu, Saitan und bald auch Produkte aus Lupinen. Experte Schindler meint: "Hier stehen Start-ups und etablierte Konzerne in den Startlöchern, den Geschmack in den Ersatzstoff zu bekommen." Das Start-up Beyond Meat bietet bereits den rein pflanzlichen Beast Burger an.

Insekten : Die Welternährungsorganisation FAO empfiehlt auch Insekten , um den Hunger der Menschen zu stillen. Denn Heuschrecken und Co. sind sehr eiweißreich, enthalten viele Vitamine, Mineralien und Spurenelemente. In Europa würden Heuschrecken und Ameisen auf dem Teller wohl ein "Minderheitenprogramm" bleiben, meint Nahrungsforscherin Hanni Rützler. Zu Mehl verarbeitet und als unsichtbarer, proteinreicher Bestandteil von Gerichten, Broten, Frikadellen können Insekten aber auch bei uns Karriere machen. Forscher Jánszky meint jedoch, das Insektenessen werde sich "weiterhin auf eine Mutprobe im Asienurlaub oder im Dschungelcamp beschränken".

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