„Es lebe der Planet!“

Hunderte von Männern und Frauen reißen jubelnd die Arme hoch. Menschen verschiedenster Hautfarben fallen einander in die Arme. Einige von ihnen haben feuchte Augen. Vorne auf dem Podium ruft jemand: "Es lebe der Planet!" Fast könnte man meinen, hier steigt ein Eine-Welt-Festival, bei dem schon sehr viel Gras geraucht wurde. Doch diejenigen, die hier jubeln, sind stocknüchtern. Es sind Minister und Regierungsbeamte aus 195 Nationen. Sie freuen sich, dass es nach 20 Jahren Verhandlungen gelungen ist, einen Weltklimavertrag zu vereinbaren. Der euphorische Mann mit Brille, der "Vive la planète!" ruft, ist Frankreichs ansonsten eher glückloser Präsident François Hollande . US-Präsident Barack Obama erklärt zwar nach Abschluss der Verhandlungen , es sei vor allem "amerikanischer Führung" zu verdanken, dass der Vertrag zustande gekommen ist, der nahezu alle Staaten der Welt zu Klimaschutz-Maßnahmen verpflichtet. Doch die Kompromissbereitschaft Chinas war genauso wichtig. Was zuletzt den Ausschlag gab, war auch die Bildung einer "Allianz für ein ehrgeiziges Klimaabkommen", der sich Industrienationen und Entwicklungsländer angeschlossen haben. Denn dieses Bündnis hat Schluss gemacht mit der Konfrontation zwischen Arm und Reich, an der schon mehrere Konferenzen gescheitert waren. Doch auch ohne das geschickte Taktieren von Frankreichs Außenminister Laurent Fabius , der die Verhandlungen leitete, hätte es im letzten Moment noch schiefgehen können. Er ließ zwischen der Eröffnung der letzten Sitzung und dem Hammerschlag, der das Abkommen besiegelt, nur wenige Minuten vergehen. Die Gegner und Zweifler hatten so gar keine Zeit mehr, sich neue Störmanöver auszudenken. "Das ist schon hohe diplomatische Schule, was Laurent Fabius uns hier gezeigt hat", kommentiert Bundesumweltministerin Barbara Hendricks . Auch die SPD-Politikerin ist sichtlich ergriffen. Vor dem Plenarsaal herzt sie ihre Mitarbeiter. Zum wiederholten Male lobt Hendricks das politische Geschick ihres "Freundes Tony de Brum". Der Außenminister der Marshallinseln, die bei einem weiteren Anstieg des Meeresspiegels im Meer versinken würden, hatte am Morgen Anstecker aus getrockneten Halmen verteilt. Sie sollten Glück bringen. Auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD ) und EU-Klimakommissar Miguel Arias Cañete befestigten ihre Bast-Anstecker am Revers. Dann zogen die Vertreter der "Koalition der Ehrgeizigen" gemeinsam in den Plenarsaal ein. Auf ihrem Weg dorthin standen Klimaschützer und Delegierte Spalier. Sie beklatschten die Minister wie eine Fußballmannschaft auf dem Weg ins Stadion. Es ist keiner Verhandlungsgruppe gelungen, alle Forderungen im Vertragstext unterzubringen. Die USA haben konkrete Verpflichtungen abgewehrt, eines Tages für Klimafolgen in anderen Ländern, die sie mitverursacht haben, zahlen zu müssen. Innerhalb der EU kriselte es zwischenzeitlich. Denn Polen wollte bei der Abkehr von fossilen Brennstoffen nicht so weit gehen wie der Rest der Union. Immerhin: Die konstruktiven Verhandlungen in Paris und auch die "Koalition der Ehrgeizigen", die das Ziel einer auf 1,5 Grad begrenzten Erderwärmung erstmals in einem völkerrechtlich bindenden Vertrag verankert haben, machen Mut. Dies gilt erst recht in dieser Zeit neuer Spannungen zwischen Ost und West, in der die Weltgemeinschaft bei der Lösung so vieler Konflikte auf der Stelle tritt. "Ich hoffe, dass dies auch ein Signal sein kann für die Lösung aktueller Konflikte", sagt Beth Brunoro vom australischen Umweltministerium. Für einige Teilnehmer dieses Verhandlungsmarathons ist ein Erfolg dieser Konferenz auch innenpolitisch bedeutsam. In Deutschland, den Niederlanden und anderen Industrienationen, in denen sich viele Menschen für Umwelt- und Naturschutz engagieren, werden Regierungen auch danach beurteilt, wie hart sie international für den Klimaschutz kämpfen. Die Vertreter der arabischen Golfstaaten wollen ihrerseits mit der Botschaft nach Hause fliegen, dass die mit Öl- und Gas-Einnahmen finanzierten staatlichen Wohltaten für die Bürger weiter gesichert sind. Ihnen ist es in Paris gelungen, dafür zu sorgen, dass eine Abgabe auf fossile Energiequellen nicht in den völkerrechtlich bindenden Teil des Vertrags aufgenommen wurde. Die französischen Gastgeber bekommen viel Lob für ihre "transparente Verhandlungsführung". Fabius schreitet bei der Abschlusssitzung unter donnerndem Applaus der Delegierten zum Podium. Die französische Regierung braucht den Erfolg aktuell womöglich noch dringender als jeder andere Teilnehmer dieser Konferenz. Denn Hollande und die Regierung stehen massiv unter Druck. Die Arbeitslosigkeit ist hoch. Die Rechtsextremen des Front National konnten zuletzt weiter zulegen.

Hunderte von Männern und Frauen reißen jubelnd die Arme hoch. Menschen verschiedenster Hautfarben fallen einander in die Arme. Einige von ihnen haben feuchte Augen. Vorne auf dem Podium ruft jemand: "Es lebe der Planet!" Fast könnte man meinen, hier steigt ein Eine-Welt-Festival, bei dem schon sehr viel Gras geraucht wurde. Doch diejenigen, die hier jubeln, sind stocknüchtern. Es sind Minister und Regierungsbeamte aus 195 Nationen. Sie freuen sich, dass es nach 20 Jahren Verhandlungen gelungen ist, einen Weltklimavertrag zu vereinbaren. Der euphorische Mann mit Brille, der "Vive la planète!" ruft, ist Frankreichs ansonsten eher glückloser Präsident François Hollande .

US-Präsident Barack Obama erklärt zwar nach Abschluss der Verhandlungen , es sei vor allem "amerikanischer Führung" zu verdanken, dass der Vertrag zustande gekommen ist, der nahezu alle Staaten der Welt zu Klimaschutz-Maßnahmen verpflichtet. Doch die Kompromissbereitschaft Chinas war genauso wichtig. Was zuletzt den Ausschlag gab, war auch die Bildung einer "Allianz für ein ehrgeiziges Klimaabkommen", der sich Industrienationen und Entwicklungsländer angeschlossen haben. Denn dieses Bündnis hat Schluss gemacht mit der Konfrontation zwischen Arm und Reich, an der schon mehrere Konferenzen gescheitert waren.

Doch auch ohne das geschickte Taktieren von Frankreichs Außenminister Laurent Fabius , der die Verhandlungen leitete, hätte es im letzten Moment noch schiefgehen können. Er ließ zwischen der Eröffnung der letzten Sitzung und dem Hammerschlag, der das Abkommen besiegelt, nur wenige Minuten vergehen. Die Gegner und Zweifler hatten so gar keine Zeit mehr, sich neue Störmanöver auszudenken. "Das ist schon hohe diplomatische Schule, was Laurent Fabius uns hier gezeigt hat", kommentiert Bundesumweltministerin Barbara Hendricks . Auch die SPD-Politikerin ist sichtlich ergriffen. Vor dem Plenarsaal herzt sie ihre Mitarbeiter.

Zum wiederholten Male lobt Hendricks das politische Geschick ihres "Freundes Tony de Brum". Der Außenminister der Marshallinseln, die bei einem weiteren Anstieg des Meeresspiegels im Meer versinken würden, hatte am Morgen Anstecker aus getrockneten Halmen verteilt. Sie sollten Glück bringen. Auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD ) und EU-Klimakommissar Miguel Arias Cañete befestigten ihre Bast-Anstecker am Revers. Dann zogen die Vertreter der "Koalition der Ehrgeizigen" gemeinsam in den Plenarsaal ein. Auf ihrem Weg dorthin standen Klimaschützer und Delegierte Spalier. Sie beklatschten die Minister wie eine Fußballmannschaft auf dem Weg ins Stadion.

Es ist keiner Verhandlungsgruppe gelungen, alle Forderungen im Vertragstext unterzubringen. Die USA haben konkrete Verpflichtungen abgewehrt, eines Tages für Klimafolgen in anderen Ländern, die sie mitverursacht haben, zahlen zu müssen. Innerhalb der EU kriselte es zwischenzeitlich. Denn Polen wollte bei der Abkehr von fossilen Brennstoffen nicht so weit gehen wie der Rest der Union.

Immerhin: Die konstruktiven Verhandlungen in Paris und auch die "Koalition der Ehrgeizigen", die das Ziel einer auf 1,5 Grad begrenzten Erderwärmung erstmals in einem völkerrechtlich bindenden Vertrag verankert haben, machen Mut. Dies gilt erst recht in dieser Zeit neuer Spannungen zwischen Ost und West, in der die Weltgemeinschaft bei der Lösung so vieler Konflikte auf der Stelle tritt. "Ich hoffe, dass dies auch ein Signal sein kann für die Lösung aktueller Konflikte", sagt Beth Brunoro vom australischen Umweltministerium.

Für einige Teilnehmer dieses Verhandlungsmarathons ist ein Erfolg dieser Konferenz auch innenpolitisch bedeutsam. In Deutschland, den Niederlanden und anderen Industrienationen, in denen sich viele Menschen für Umwelt- und Naturschutz engagieren, werden Regierungen auch danach beurteilt, wie hart sie international für den Klimaschutz kämpfen. Die Vertreter der arabischen Golfstaaten wollen ihrerseits mit der Botschaft nach Hause fliegen, dass die mit Öl- und Gas-Einnahmen finanzierten staatlichen Wohltaten für die Bürger weiter gesichert sind. Ihnen ist es in Paris gelungen, dafür zu sorgen, dass eine Abgabe auf fossile Energiequellen nicht in den völkerrechtlich bindenden Teil des Vertrags aufgenommen wurde.

Die französischen Gastgeber bekommen viel Lob für ihre "transparente Verhandlungsführung". Fabius schreitet bei der Abschlusssitzung unter donnerndem Applaus der Delegierten zum Podium. Die französische Regierung braucht den Erfolg aktuell womöglich noch dringender als jeder andere Teilnehmer dieser Konferenz. Denn Hollande und die Regierung stehen massiv unter Druck. Die Arbeitslosigkeit ist hoch. Die Rechtsextremen des Front National konnten zuletzt weiter zulegen.

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HintergrundWas der Klimavertrag für wen bedeutet:Deutschland: Als reiches Industrieland soll Deutschland laut Vertrag beim Klimaschutz vorangehen. Gerade nach dem offensiven Auftreten der Bundesregierung in den Verhandlungen fordern Opposition und Umweltschützer, dass Berlin jetzt die Energiewende forciert und schnellstens den Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohle-Stromproduktion einleitet. Um die Klimaziele für 2030 zu erreichen, müsse bis dahin mehr als die Hälfte der Kohlekraftwerke abgeschaltet werden, so die Denkfabrik Agora Energiewende . Golfstaaten: Für die Ölproduzenten am Arabischen Golf ist der notwendige Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen ein heftiger Einschnitt, der ihr gesamtes Wirtschaftsmodell in frage stellt. Die Wüstenstaaten müssen versuchen, rechtzeitig neue Einkommensquellen zu schaffen.Investoren: Großanleger denken zunehmend darüber nach, ob sich Investitionen in Öl, Kohle und Gas künftig noch genug rentieren. Wenn die Staaten Ernst machen mit dem Klimaschutz , dürfte sich dieser Trend verstärken. Zugleich könnte das Klimaabkommen Investitionen in erneuerbare Energien neuen Schwung geben. Indien: Als Entwicklungsland darf Indien sich zwar noch Zeit lassen, bis es seine Emissionen drosselt. Trotzdem wird Klimaschutz für den Riesenstaat eine gewaltige Aufgabe. Denn gleichzeitig muss Indien seine Wirtschaft weiter ausbauen - ein Fünftel der Inder lebt noch in Armut, noch immer haben 300 Millionen Menschen keinen Strom. Allerdings kann das Land nun auf Unterstützung aus den Industriestaaten setzen. dpa

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