Erika Steinbach zieht zurück

Berlin/Warschau. Nach dem eskalierenden deutsch-polnischen Streit hat der Bund der Vertriebenen (BdV) die Nominierung seiner Präsidentin Erika Steinbach für den Stiftungsrat der Vertriebenen-Gedenkstätte demonstrativ zurückgezogen

Berlin/Warschau. Nach dem eskalierenden deutsch-polnischen Streit hat der Bund der Vertriebenen (BdV) die Nominierung seiner Präsidentin Erika Steinbach für den Stiftungsrat der Vertriebenen-Gedenkstätte demonstrativ zurückgezogen. Man wolle "nicht der billige Vorwand dafür sein, das Stiftungsgesetz nicht in die Tat umzusetzen und so die Stiftung auf den letzten Metern noch zu verhindern", teilte der BdV gestern mit. Der Rückzug wird vom BdV allerdings als "vorläufig" bezeichnet.Lob von der KanzlerinBundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zollte der Entscheidung Respekt. Damit sei man der Umsetzung der Stiftung ein gutes Stück näher gekommen. Die Entscheidung eröffne die Möglichkeit, dass das Gedenken an die Vertreibung für alle Menschen in Deutschland sichtbar werden könne, sagte sie in Berlin. Vize-Regierungssprecher Thomas Steg teilte mit, dass Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) bereits am Dienstag das Benennungsverfahren für den 13-köpfigen Stiftungsrat offiziell eröffnet hat. Die entsendenden Stellen sollen bis 31. März Vorschläge machen. Das Kabinett will im April entscheiden. Ob das Verfahren in Kenntnis von Steinbachs Rückzug begonnen wurde, ließ Steg offen. Den Vertriebenen stehen nach dem Gesetz über die "Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung" drei Sitze zu. Den für Steinbach vorgesehenen Sitz will das BdV-Präsidium demonstrativ unbesetzt lassen, "um deutlich zu machen, dass es sich sein originäres Besetzungsrecht von niemandem vorschreiben lässt - weder von der SPD noch von sonst jemandem". Mit der Entscheidung wolle der BdV "die nicht durch uns verursachte Blockade auflösen". Der Bund betonte, nur aus diesem Grunde habe das Präsidium das Angebot seiner Präsidentin angenommen, sie vorläufig nicht für den Stiftungsrat zu benennen. Der polnische Regierungssprecher Pawel Gras sagte in Warschau: "Das ist ein Erfolg, ein guter Tag, eine gute Nachricht." Er sehe eine Bestätigung der Absprachen, die Polens Deutschlandbeauftragter Wladyslaw Bartoszewski und Merkel vor einiger Zeit getroffen hätten. Steg dementierte: "Es hat von der Bundeskanzlerin, was das Verfahren Benennung für den Stiftungsrat betrifft, keine Zusagen gegeben." Die Entscheidung sei eine originär innenpolitische in Deutschland. Der polnische Parlamentschef Bronislaw Komorowski reagierte ebenfalls zufrieden. Die Entscheidung beweise, dass es in Deutschland ein "sehr tiefes Verständnis" für Polens Einstellung gebe, sagte er dem Sender TVN24. dpa Meinung

Ein Fall Merkel

Von SZ-KorrespondentHagen Strauß Der Fall Erika Steinbach ist längst ein Fall Angela Merkel. Die Vertriebenenpräsidentin wusste, dass sie keine Chance mehr hatte, in den Stiftungsrat des Zentrums gegen Vertreibung zu gelangen. Die Ehrenerklärung der CDU hat ihr den Rückzug ermöglicht. Verlesen wurde sie aber vom Generalsekretär. Kein Wort von der Kanzlerin. Dabei hatte diese das Zentrum gegen Vertreibung 2005 zum Plan der großen Koalition gemacht. Also wäre es an ihr gewesen, frühzeitig die Frage einer Nominierung Steinbachs für den Stiftungsrat mit den Vertriebenen zu klären. Sie hat es nicht getan. Ein schwerer Fehler. Stattdessen hat Merkel die Angelegenheit wabern lassen, hoffend, sie würde sich von alleine lösen. Das ist zwar passiert, aber mit welchen Kollateralschäden! In Polen ist das Misstrauen gegenüber den Deutschen wieder geweckt. Und innerparteilich hat Merkel bewiesen, wie wenig sie mit den Konservativen verbindet.

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