Energie-Riese Eon macht Salto rückwärts

Düsseldorf · Der Verdacht stand im Raum: Eon will sich mit der Abspaltung der Kernenergie-Sparte vor seinen Milliardenverpflichtungen beim Atomausstieg drücken. Jetzt macht der Energiekonzern einen Rückzieher – auf Druck der Politik.

Manchmal wirkt ein Gesetz, bevor es überhaupt verabschiedet ist. Der größte deutsche Energiekonzern Eon vollzieht jedenfalls einen Salto rückwärts in seiner Strategie, nachdem Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD ) seine Pläne für ein sogenanntes "Rückbau- und Entsorgungskostennachhaftungsgesetz" angekündigt hat - eine Regelung, die sicherstellen soll, dass Eon, RWE, Vattenfall und EnBW dauerhaft für den Atomausstieg aufkommen. Es stand nämlich der Verdacht im Raum, dass sich die Atomkonzerne trickreich um die Zahlungen für den Abriss der Kernkraftwerke und den Bau eines Endlagers drücken könnten.

Jetzt gibt Eon klein bei. Anders als ursprünglich vorgesehen, wird das Unternehmen die Atomkraftwerke nun doch nicht in eine neue Gesellschaft auslagern. "Die deutsche Kernenergie wird nicht auf Uniper übergehen, sondern bleibt in der Verantwortung von Eon", sagte Vorstandschef Johannes Teyssen gestern in Düsseldorf . Eigentlich sollten als Reaktion auf die Energiewende die konventionellen Kraftwerksaktivitäten (Kohle, Gas, Kernenergie) ausgegliedert werden. Die neue Eon sollte sich ganz auf das Geschäft rund um den Ökostrom sowie auf die Energienetze und den Vertrieb konzentrieren. Ein entschlossenes Handeln in der Politik zeige Wirkung, kommentierte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die Entscheidung des Unternehmens.

Kritiker der Umbaupläne sprachen von einer Art "Bad Bank", die bei Eon mit der Abspaltung entstanden wäre - Uniper als Resterampe für umweltschädlichen und "bösen" Strom. Eine Lösung, mit der Eon auch die Atomlasten abschütteln könnte. Denn bislang müssen Muttergesellschaften nur fünf Jahre lang für abgetrennte Geschäftsteile haften.

Teyssen wies erneut den Vorwurf zurück, das Unternehmen wolle sich durch die Abspaltung seiner Verpflichtungen aus der Kernenergie entledigen. "Das war nie der Fall", beteuerte der Manager. Er machte aber auch keinen Hehl daraus, was er von der Initiative des Wirtschaftsministers hält, die Haftungsregelungen auszuweiten. In der globalen Wirtschaftswelt gebe es kein vergleichbares Vorgehen für eine Haftung ohne Beschränkung und Umfang, sagte Teyssen - und bezweifelt, ob das Vorhaben mit der Verfassung vereinbar ist. Er sieht "für die Kernenergie von Anbeginn eine gemeinsame Verantwortung von Staat und Unternehmen".

Eon will aber nicht auf etwaige politische Entscheidungen warten oder sich auf einen jahrelangen Rechtsstreit einlassen. Mit dieser Entscheidung, die Kernenergie doch beim Hauptunternehmen zu belassen, "beugen wir Risiken für die Umsetzung unserer Konzernstrategie vor", sagte Teyssen. Die - nun neu geplante - Teilung zum Jahreswechsel soll nicht weiter gefährdet werden. Diese Zeit habe Eon angesichts der Herausforderungen durch die Energiewende nicht. In dem neuen Hauptkonzern Eon wird die Atomkraft aber ein Fremdkörper sein. Ein längst totgesagter Firmenname wird reaktiviert: Die Preussen Elektra in Hannover soll sich fernab der Essener Konzernzentrale um die verbliebene Kernkraft kümmern. Die drei restlichen Anlagen sollen bis zum Laufzeitende betrieben und dann zurückgebaut werden.

Trotz der Kehrtwende bleibt beim Umweltverband BUND Skepsis. Das Risiko, dass am Ende die Steuerzahler für die "Ewigkeitskosten" der Atomenergie aufkommen müssten, bestehe fort. Denn es sei unklar, ob die Rückstellungen reichten, um den Atommeiler-Rückbau und die Endlagerung zu bezahlen.

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