„Endlich: Wir sind Brüder“

Am Flughafen "José Martí" ist in der Regel wenig los, ein paar Läden mit kubanischen Zigarren, sozialistisch angehauchte Hallen. Für einen Patriarchen, der Messen in der Christ-Erlöser-Kathedrale zu Moskau feiert, und einen Papst, der im Petersdom predigt, gibt es sicher glanzvollere Orte für eine wahrhaft historische Begegnung. Am 12. Februar 2016, 14.25 Uhr Ortszeit Havanna, schütteln sich erstmals in der Geschichte die Oberhäupter der katholischen (eine Milliarde Mitglieder) und der russisch-orthodoxen Kirche (150 Millionen) die Hände und herzen sich mit Wangenküsschen. "Finalmente" - ein Wort, mit dem Papst Franziskus eigentlich alles auf den Punkt bringt. "Endlich". Die katholische und die orthodoxen Kirchen gehen seit der Kirchenspaltung im Jahr 1054 getrennte Wege. Der Papst spricht davon, dass das Treffen Gottes Wille sei: "Wir sind Brüder ." Da ist es auch egal, dass die historischen Fotos in einem dunklen, mit Holz getäfelten Protokollsaal des Flughafens entstehen. Aber hier ist so etwas wie neutraler Boden. Im Hintergrund steht ein großes Kreuz. Kubas Staatspräsident Raúl Castro darf sich freuen, dass der Papst nach der Visite im September schon wieder in Havanna ist. Und nach dem Ende der Eiszeit mit den USA schreibt das sozialistische Kuba nun auch noch etwas Kirchengeschichte. Nur weil Kirill eine Kubareise geplant hatte und für Franziskus auf seiner Reise nach Mexiko die Karibikinsel auf dem Weg lag, kam es überhaupt zu der Begegnung. Der Papst hat die Öffnung Kubas, den Friedensschluss mit den USA maßgeblich unterstützt. Zugleich ist die Insel seit Jahrzehnten enger Partner Moskaus. Nach ihrer zweistündigen Unterredung unterzeichnen Franziskus und Kirill eine Erklärung, die überraschend weitgehend ausfällt. Mit Blick auf den Ort des Treffens betonen sie, es habe stattgefunden, "am Kreuzungspunkt von Nord und Süd sowie von Ost und West". Von der Insel, dem Symbol der Hoffnungen der Neuen Welt und der dramatischen Ereignisse der Geschichte des 20. Jahrhunderts, "richten wir unser Wort an alle Völker Lateinamerikas und der anderen Kontinente". Der sehr konservative Kirill pflegt enge Kontakte zum russischen Präsidenten Wladimir Putin - daher ist Havanna eine Gratwanderung für ihn. Franziskus und Kirill mahnen mit Blick auf den Ukraine-Konflikt, an dem Russland beteiligt ist, "den Frieden aufzubauen". Und da ist noch der weit größere Krisenherd Syrien, wo Russland durch seine Bombenangriffe vorgeworfen wird, nur noch mehr Flüchtlingsströme nach Europa zu produzieren. Während bei der Sicherheitskonferenz in München um Feuerpausen in Syrien gerungen wird, fordern die beiden Kirchenoberhäupter die internationale Gemeinschaft auf, sich zu vereinen, um Gewalt und Terrorismus ein Ende zu setzen - und durch Dialog zu einem raschen, dauerhaften Friedensschluss beizutragen. Aber die Frage ist, ob solche Worte erhört werden - und ob Putin es eher nutzt, wenn die russisch-orthodoxe Kirche durch das Treffen eine Aufwertung erfährt? Direkte Kritik an der russischen Politik wird in dem Kommuniqué vermieden. Beiden Kirchenmännern ist tiefe Sorge anzumerken. "Die menschliche Zivilisation ist in eine Zeit epochalen Wandels eingetreten." In einer Welt, "die von uns nicht nur Worte, sondern auch konkrete Taten erwartet, möge diese Begegnung ein Zeichen der Hoffnung für alle Menschen guten Willens sein". Sie bekennen sich klar zum Streben nach einer stärkeren Annäherung zwischen West- und Ostkirche. Schon Papst Johannes Paul II. hatte gehofft, Russland zu besuchen oder den Patriarchen treffen zu können. Die Frage ist, wie sich das Zusammenrücken der Kirchen in der Praxis gestalten wird. "In dieser beunruhigenden Zeit ist der interreligiöse Dialog unerlässlich", betonen beide. Die Zeiten sind unruhig, die beiden Kirchenoberhäupter beunruhigt. Sie wollen als Antwort einen christlichen Aufbruch der Einheit. "Ich habe den Eindruck, dass wir uns am richtigen Ort und zur richtigen Zeit treffen", meint Kirill.

Am Flughafen "José Martí" ist in der Regel wenig los, ein paar Läden mit kubanischen Zigarren, sozialistisch angehauchte Hallen. Für einen Patriarchen, der Messen in der Christ-Erlöser-Kathedrale zu Moskau feiert, und einen Papst, der im Petersdom predigt, gibt es sicher glanzvollere Orte für eine wahrhaft historische Begegnung.

Am 12. Februar 2016, 14.25 Uhr Ortszeit Havanna, schütteln sich erstmals in der Geschichte die Oberhäupter der katholischen (eine Milliarde Mitglieder) und der russisch-orthodoxen Kirche (150 Millionen) die Hände und herzen sich mit Wangenküsschen. "Finalmente" - ein Wort, mit dem Papst Franziskus eigentlich alles auf den Punkt bringt. "Endlich". Die katholische und die orthodoxen Kirchen gehen seit der Kirchenspaltung im Jahr 1054 getrennte Wege. Der Papst spricht davon, dass das Treffen Gottes Wille sei: "Wir sind Brüder ." Da ist es auch egal, dass die historischen Fotos in einem dunklen, mit Holz getäfelten Protokollsaal des Flughafens entstehen. Aber hier ist so etwas wie neutraler Boden. Im Hintergrund steht ein großes Kreuz. Kubas Staatspräsident Raúl Castro darf sich freuen, dass der Papst nach der Visite im September schon wieder in Havanna ist. Und nach dem Ende der Eiszeit mit den USA schreibt das sozialistische Kuba nun auch noch etwas Kirchengeschichte. Nur weil Kirill eine Kubareise geplant hatte und für Franziskus auf seiner Reise nach Mexiko die Karibikinsel auf dem Weg lag, kam es überhaupt zu der Begegnung.

Der Papst hat die Öffnung Kubas, den Friedensschluss mit den USA maßgeblich unterstützt. Zugleich ist die Insel seit Jahrzehnten enger Partner Moskaus. Nach ihrer zweistündigen Unterredung unterzeichnen Franziskus und Kirill eine Erklärung, die überraschend weitgehend ausfällt. Mit Blick auf den Ort des Treffens betonen sie, es habe stattgefunden, "am Kreuzungspunkt von Nord und Süd sowie von Ost und West". Von der Insel, dem Symbol der Hoffnungen der Neuen Welt und der dramatischen Ereignisse der Geschichte des 20. Jahrhunderts, "richten wir unser Wort an alle Völker Lateinamerikas und der anderen Kontinente".

Der sehr konservative Kirill pflegt enge Kontakte zum russischen Präsidenten Wladimir Putin - daher ist Havanna eine Gratwanderung für ihn. Franziskus und Kirill mahnen mit Blick auf den Ukraine-Konflikt, an dem Russland beteiligt ist, "den Frieden aufzubauen". Und da ist noch der weit größere Krisenherd Syrien, wo Russland durch seine Bombenangriffe vorgeworfen wird, nur noch mehr Flüchtlingsströme nach Europa zu produzieren. Während bei der Sicherheitskonferenz in München um Feuerpausen in Syrien gerungen wird, fordern die beiden Kirchenoberhäupter die internationale Gemeinschaft auf, sich zu vereinen, um Gewalt und Terrorismus ein Ende zu setzen - und durch Dialog zu einem raschen, dauerhaften Friedensschluss beizutragen.

Aber die Frage ist, ob solche Worte erhört werden - und ob Putin es eher nutzt, wenn die russisch-orthodoxe Kirche durch das Treffen eine Aufwertung erfährt? Direkte Kritik an der russischen Politik wird in dem Kommuniqué vermieden. Beiden Kirchenmännern ist tiefe Sorge anzumerken. "Die menschliche Zivilisation ist in eine Zeit epochalen Wandels eingetreten." In einer Welt, "die von uns nicht nur Worte, sondern auch konkrete Taten erwartet, möge diese Begegnung ein Zeichen der Hoffnung für alle Menschen guten Willens sein". Sie bekennen sich klar zum Streben nach einer stärkeren Annäherung zwischen West- und Ostkirche. Schon Papst Johannes Paul II. hatte gehofft, Russland zu besuchen oder den Patriarchen treffen zu können.

Die Frage ist, wie sich das Zusammenrücken der Kirchen in der Praxis gestalten wird. "In dieser beunruhigenden Zeit ist der interreligiöse Dialog unerlässlich", betonen beide. Die Zeiten sind unruhig, die beiden Kirchenoberhäupter beunruhigt. Sie wollen als Antwort einen christlichen Aufbruch der Einheit. "Ich habe den Eindruck, dass wir uns am richtigen Ort und zur richtigen Zeit treffen", meint Kirill.

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HintergrundZum Auftakt seines Mexiko-Besuches hat Papst Franziskus Gewalt und Korruption in dem lateinamerikanischen Land angeprangert. Im Präsidentenpalast von Mexiko-Stadt rief er die politisch Verantwortlichen am Samstag auf, den Einwohnern des Landes ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Das katholische Kirchenoberhaupt erklärte in Mexiko-Stadt, das viele Leid, das etwa die Drogenkriminalität verursache, bremse die Entwicklung des Landes. Die Politik müsse dafür sorgen, dass alle Bürger "effektiv Zugang zu den unerlässlichen materiellen und geistigen Gütern erhalten". Dazu zählten angemessener Wohnraum, menschenwürdige Arbeit, Ernährung, Gerechtigkeit, Sicherheit, eine gesunde Umwelt und Frieden, mahnte der Papst. epd

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