Empörung über hohe Gehälter von EU-Beamten
Brüssel. Ihre Landsleute müssen den Gürtel enger schnallen, schließlich steckt Europa in der stärksten Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit. Doch das gilt nicht für die über 30 000 Beamten der EU. 3,7 Prozent mehr Gehalt sollen sie - rückwirkend zum Juli dieses Jahres - jetzt bekommen
Brüssel. Ihre Landsleute müssen den Gürtel enger schnallen, schließlich steckt Europa in der stärksten Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit. Doch das gilt nicht für die über 30 000 Beamten der EU. 3,7 Prozent mehr Gehalt sollen sie - rückwirkend zum Juli dieses Jahres - jetzt bekommen. Das treibt sogar erfahrenen Diplomaten die Zornesröte ins Gesicht: "In solchen Zeiten 3,7 Prozent mehr Lohn vorzuschlagen, ist schon frech", lässt sich einer zitieren. Gestern bemühten sich die EU-Botschafter der 27 Mitgliedstaaten noch einmal um eine Einigung. Notfalls sollen die Staats- und Regierungschefs beim morgen beginnenden EU-Gipfel entscheiden. Die Mehrheit fordert eine Null-Runde. Doch das wollen die Betroffenen nicht hinnehmen. In Brüssel kursieren Streikdrohungen, erstmals in der Geschichte der Union. Das Problem liegt im System: Der juristische Dienst des Ministerrates schlägt die Anhebung nämlich ebenso wenig vor wie die Beamten sie fordern. Gemäß den europäischen Gesetzen werden die Lohnsteigerungen aus den Einkommen in acht Mitgliedstaaten (darunter Deutschland) errechnet. Allerdings legt man für die Eurokraten nicht den normalen Warenkorb zugrunde, sondern ein Regelwerk für international Beschäftigte. Seitens der Kommission heißt es, ihr seien die Hände gebunden. Doch sieht das Beamtenstatut durchaus eine Ausstiegsklausel für besondere Fälle vor. Die Verhandlungsführer der Länder sehen diese Situation nun als gegeben an.Eine andere Einkommenswelt Immerhin leben die EU-Beamten ohnehin in einer anderen Einkommenswelt als ihre Kollegen in den Bundes- oder Landesverwaltungen. Zwischen 2556,91 Euro und 17 697,68 Euro verdienen die Mitarbeiter der EU-Administration im Monat. Die knapp 60 Generaldirektoren bekommen damit doppelt so viel überwiesen wie vergleichbar eingestufte Beamte hierzulande. Alle zwei Jahre rückten die Brüsseler Kollegen eine Gehaltsstufe auf. Hinzu kommen weitere Leistungen wie eine steuerfreie Zulage von 16 Prozent für die 80 Prozent der Beamten, die nicht in ihrer Heimat arbeiten. Haushalts- und Kinderzuschläge sowie Reisekostenzuschüsse summieren sich für eine vierköpfige Familie schnell auf noch einmal 5000 Euro. Dabei unterliegen die EU-Bediensteten der Gemeinschaftssteuer, die zwischen acht und 45 Prozent (ab 6700 Euro) liegt. Zehn Prozent des Verdienstes sind steuerfrei. Weitere Vergünstigungen in Brüssel und bei diversen Geschäften, Autohändlern und Banken, die Rabatte bis zu 30 Prozent gewähren, runden das Bild ab. Die von vielen geneideten Einkommen werden in EU-Kreisen mit der überdurchschnittlichen Qualifikation sowie dem Leben fern der Heimat begründet. Dieses Mal scheint aber selbst den EU-Botschaftern, die normalerweise die Anpassungen durchwinken, die "unverfrorene" Anhebung zu viel zu sein. dr