Eltern sollen mehr Wahlfreiheit haben

Berlin. Warum entscheiden sich Menschen für Kinder? Und warum nicht? Zwei zentrale Fragen, denen Experten im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina nachgegangen sind

Berlin. Warum entscheiden sich Menschen für Kinder? Und warum nicht? Zwei zentrale Fragen, denen Experten im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina nachgegangen sind. Eine wichtige Erkenntnis ihrer gestern veröffentlichten Studie: Mehr Betreuungsangebote oder höhere Geldleistungen können die Entscheidung für ein Kind positiv beeinflussen. Aber einen Automatismus gibt es dabei nicht. Um der niedrigen Geburtenrate auf die Sprünge zu helfen, machen sich die Wissenschaftler für die Einführung einer so genannten Kindergrundsicherung stark.Die Wirkungen familienpolitischer Leistungen variierten zum Beispiel nach Einkommen oder auch Bildung der Eltern und nach Kinderzahl, meinte Katharina Spieß vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Wichtig sei auch, dass Paare mit Kindern Wahlfreiheit haben müssten zwischen Infrastrukturmaßnahmen, Geldzuwendungen und Zeitbudgets. Ohnehin zeigten familienpolitische Maßnahmen in der Regel keine kurzfristigen, sondern eher langzeitige Wirkungen, so Spieß.

Zuletzt hatte sich die politische Kritik am Elterngeld entzündet, das 2007 eingeführt wurde und den Eltern eine bezahlte Auszeit von bis zu 14 Monaten nach Geburt des Kindes garantiert. Die staatliche Leistung kostet pro Jahr rund fünf Milliarden Euro. Die Geburtenrate in Deutschland ist seitdem aber nicht gestiegen. Statistisch betrachtet bringt eine Frau nur noch etwa 1,4 Kinder zur Welt, wie das Statistische Bundesamt vor wenigen Tagen mitteilte. Ähnlich niedrige Geburtenraten weisen auch unsere Nachbarländer Schweiz und Österreich auf. Für den Soziologen Hans Bertram von der Berliner Humboldt-Universität ist diese Parallele kein Zufall. Alle drei Länder hätten ein "konservatives Wohlfahrtsstaat-Modell" und seien politisch föderal organisiert. "Das bedeutet auch, dass auf soziale und ökonomische Entwicklungen langsamer und später reagiert wird als in anderen Gesellschaften", meinte Bertram. So hätten die verlängerte Ausbildung, Unsicherheiten beim Übergang in den Beruf sowie eine späte Entscheidung für Kinder und Partner zu einer Kumulation wichtiger Lebensereignissen in einer sehr kurzen Lebensphase geführt, "ohne dass bis heute angemessene Antworten für die Zeit für Fürsorge gefunden wurden", erläuterte Bertram. Zu den Empfehlungen der Experten zählt deshalb eine Kindergrundsicherung, welche "nicht mehr dem Lebenslauf der Menschen" entsprechende familienpolitische Maßnahmen zunehmend ersetzen soll.

Über eine Kindergrundsicherung wird in Deutschland schon länger diskutiert. Bereits im Jahr 2009 hatten mehrere Sozialverbände, darunter die Arbeiterwohlfahrt und der Kinderschutzbund, eine Pauschale von monatlich 500 Euro für jedes Kind vorgeschlagen. Der Betrag orientiert sich am verfassungsrechtlich gebotenen Existenzminimum und soll alle kindbezogenen Leistungen vom Kindergeld bis zum Kinderfreibetrag, aber auch das Ehegattensplitting ersetzen.

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