Elfjährige für Mehlsack gekauft

Rio de Janeiro. An der Avenida Atlantica, der Prachtavenue am Copacabana-Strand in Rio de Janeiro, bieten Minderjährige ihre Körper an - oft nur für ein paar Dollar oder Euro. Damit hatten die Teilnehmer des Dritten Weltkongresses gegen sexuelle Ausbeutung von Kindern, der am Freitag endete, das Problem unmittelbar vor Augen

Rio de Janeiro. An der Avenida Atlantica, der Prachtavenue am Copacabana-Strand in Rio de Janeiro, bieten Minderjährige ihre Körper an - oft nur für ein paar Dollar oder Euro. Damit hatten die Teilnehmer des Dritten Weltkongresses gegen sexuelle Ausbeutung von Kindern, der am Freitag endete, das Problem unmittelbar vor Augen.Die Mädchen und Jungen gehen in der Nähe der besten Hotels und vor den Augen der Polizei ebenso ungeniert auf Kundenfang wie die Eisverkäufer. "Armut nährt die sexuelle Ausbeutung von Kindern entscheidend", klagte der Chef der brasilianischen Bundesstraßenpolizei, Ismar Ferreira. Auf dem Land ist das Problem in Brasilien, wie in den meisten Entwicklungsländern, noch schlimmer. In Amazonien habe er einen 72-jährigen Mann getroffen, der eine Elfjährige für einen Sack Mehl gekauft habe, erzählte Ferreira. Die Familien der Opfer seien in 90 Prozent aller Fälle mitschuldig. In Brasilien werden neun bis 15 Jahre alte Mädchen aus entlegenen Gebieten häufig in die Großstädte gebracht, um dort als Hausangestellte zu arbeiten. Oft müssten sie "Sonderdienste" für den Hausherrn oder heranwachsende Söhne leisten. "Es gibt viele Sexsklavinnen", sagt Ferreira.Männlichkeitskult aufbrechen Die grüne Bundestagsabgeordnete Ekin Deligöz zeigte sich zufrieden mit dem Ergebnis des Kongresses, an dem Vertreter von Regierungen, Behörden, Unternehmen, Wirtschaft und Nicht-Regierungsorganisationen teilnahmen. Bei der Schutzaltersgrenze habe man sich beispielsweise auf 18 geeinigt. "Über die kulturellen Unterschiede hinweg war eine sehr einmütige Haltung spürbar, um gegen sexuelle Gewalt vorzugehen", sagte Deligöz. Auf Detaildebatten habe man verzichtet. "Ich glaube, es wurde ein Wendepunkt erreicht." Im Kampf gegen Sextourismus gebe es konkrete Fortschritte. Viele Hotels und Reiseveranstalter hätten sich auf gemeinsame Richtlinien geeinigt. Mehrere Staaten hätten Gesetze verabschiedet, die eine Strafverfolgung von Tätern auch nach der Rückkehr in die Heimat ermöglichen. Allerdings gebe es große Probleme bei der Beweisaufnahme und der Abstimmung rechtsstaatlicher Verfahren, so dass zum Beispiel in Deutschland die Zahl der Verurteilungen weiter sehr gering ist.Weltweit werden nach Schätzungen von Unicef jedes Jahr etwa 1,8 Millionen Mädchen und Jungen zur Prostitution und zur Pornografie gezwungen. Es brauche Zeit, die Diskriminierung von Mädchen zu bekämpfen oder den Männlichkeitskult aufzubrechen, sagt der deutsche Unicef-Sprecher Rudi Tarneden. "Problematisch ist weiter die Sexualisierung des Alltags durch aggressive Darstellungen von Sexualität in den Medien", fügt er hinzu. dpa

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