Eine glatte Sechs für den Musterschüler?

Berlin · 18 Zeugen und die Auswertung von 1500 Akten in nur zwei Monaten: Der „Euro Hawk“-Untersuchungsausschuss hat versucht, die Drohnen-Affäre in Rekordzeit aufzuklären. So richtig gut gelungen ist ihm das nicht.

Der Satz klingt wie aus dem Zeugnis eines Schülers, der die Versetzung nicht geschafft hat. "Thomas de Maizière hat sich als ungeeignet für dieses Amt erwiesen", steht auf Seite sieben des Abschlussberichts von SPD und Grünen zur "Euro-Hawk"-Affäre. Der Minister habe die Probleme beim gescheiterten Drohnen-Projekt ignoriert und ein "befremdlich formalistisches Amtsverständnis" an den Tag gelegt. Den Bundestag habe er zögernd informiert und seinen wahren Kenntnisstand geleugnet, um die Versäumnisse seiner Amtsführung zu kaschieren. In Schulnoten ausgedrückt ist das eine glatte Sechs. Ähnlich fällt das Urteil der Linken aus.

Wenn man dagegen die Einschätzung der Koalition zur Rolle de Maizières in der Drohnen-Affäre liest, gewinnt man den Eindruck, da sei ein Musterschüler am Werk gewesen. "Bundesminister Dr. Thomas de Maizière MdB hat von Anfang an die Wahrheit gesagt", steht dort. Die Probleme beim Projekt hätten ihren Ursprung vor der Amtszeit des CDU-Politikers. Gerade de Maizière habe durch den Stopp des Rüstungsprogramms größeren Schaden für den Steuerzahler verhindert. Also: Alles richtig gemacht.

Was denn nun? Zwei Monate hat der Drohnen-Untersuchungsausschuss getagt, 18 Zeugen insgesamt 60 Stunden lang befragt und 1500 Akten ausgewertet. Wenn er seine Arbeit heute abschließt, bleiben die zentralen Fragen trotzdem offen. Zum Beispiel die, ob das Projekt tatsächlich zu spät gestoppt und dem Steuerzahler dadurch ein dreistelliger Millionenbetrag verloren gegangen ist. Die Opposition geht davon aus, dass die Drohne wegen massiver Probleme bei der Zulassung in Deutschland Anfang 2010 nicht mehr zu retten war. Während der Amtszeit de Maizières ab März 2011 seien aber weitere 112 Millionen Euro in das Projekt geflossen. Die Koalition meint, die Fortführung sei richtig gewesen. Nur so habe die Aufklärungstechnik weitergetestet werden können.

Das Hauptaugenmerk des Ausschusses lag aber ohnehin bei der Frage: Wann wusste de Maizière was? Eine glatte Lüge über seine Kenntnis der Probleme beim "Euro Hawk" konnte dem Minister nicht nachgewiesen werden. In der Bewertung von SPD, Grünen und Linken taucht das Wort "Lüge" auch nicht mehr auf. Stattdessen heißt es etwas vorsichtiger, de Maizière habe die Unwahrheit gesagt (Linke) oder seinen Kenntnisstand geleugnet (SPD und Grüne). Die Koalition sieht keinen Funken Unwahrheit in den Angaben des Ministers. Fest steht aber, dass er den falschen Eindruck erweckt hat, er habe bis zum Stopp des Projekts im Mai 2013 fast nichts über die Probleme gewusst.

Dass die Urteile so weit auseinandergehen, überrascht nicht. Wenn nicht Wahlkampf gewesen wäre, hätte es den Ausschuss wohl gar nicht erst gegeben. Die SPD-Verteidigungsexperten wollten das "Euro-Hawk"-Debakel hinter verschlossenen Türen untersuchen. Die Fraktionsspitze funkte dazwischen und entschied sich für den U-Ausschuss - um de Maizière öffentlich vorzuführen.

Ihre Rücktrittsforderung an de Maizière halten SPD und Grüne in ihrer Bewertung aufrecht. Der Minister habe personelle Konsequenzen angekündigt, heißt es am Ende ihres 78-seitigen Berichts. "Der Minister sollte seiner Verantwortung nachkommen und hier bei sich selbst beginnen." Auch die Opposition weiß allerdings, dass es vor der Wahl dazu nicht mehr kommen wird. Am Ende bleibt also der Image-Schaden, den de Maizière durch die Drohnen-Affäre erlitten hat.

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