Ein Skandal fürs Sommerloch

Saarbrücken · Das Gerangel um den geschassten Generalbundesanwalt Harald Range in der Landesverrats-Affäre geht weiter. Auch wenn dessen Rauswurf richtig war, wie PR-Profi Klaus Kocks meint. Justizminister Heiko Maas hat sich so wohl die nötige Luft im Sommerloch verschafft.

Plötzlich war sie da - die "Landesverrats-Affäre". Im Zentrum des Skandals um Ermittlungen gegen das regierungskritische Portal "Netzpolitik.org" steht neben Generalbundesanwalt Harald Range auch Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD ) - als dessen direkter Vorgesetzter. Und das mitten im Sommerloch. Eine nachrichtenarme Zeit, die schon viele Politiker ihr Amt gekostet hat. Ins Schaufenster gestellt hat Maas der oberste deutsche Justizermittler, als er ihm einen "unerträglichen Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz" unterstellt. Maas reagiert prompt, bricht seinen Urlaub ab und feuert Range unverzüglich.

"Das war erstaunlich, gut und groß", lobt Klaus Kocks. Er gehört zu den renommiertesten PR-Beratern Deutschlands. Zudem kennt er sich bestens auf der politischen Bühne aus. "Es war ein eklatanter Disziplinarbruch, als Range seinen Minister öffentlich gescholten hat." Mit seinem entschlossenen Handeln habe Maas das Vertrauen gerade der jungen Netz-Gemeinde, die "Netzpolitik.org" liest, in die Politik zurückgewinnen können.

Dass der Saarländer Maas mit einer derart "klaren Kante" reagierte, hätte Kocks dem "jungenhaft wirkenden Minister so nicht zugetraut". Eher einem "Brecher" wie Kanzleramtschef Peter Altmaier oder dem SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel . Auch Kanzlerin Angela Merkel hätte Range rausgeschmissen, meint Kocks - "wohl zehn Sekunden früher". Und: "Würde Gabriel nur mal so entschlossen reagieren, dann wäre die SPD vielleicht schon bei 27 Prozent in Bundestagswahl-Umfragen."

Kocks ist sich sicher, dass Maas damit ein Schicksal erspart bleibt, das zuvor einige Politiker dank des Sommerlochs ereilt hat: der Rauswurf. Beispielsweise Rudolf Scharping (SPD ) und die "Plansch-Affäre". 2001 tauchten in der "Bunten" Fotos vom damaligen Verteidigungsminister auf, wie er auf Mallorca glücklich mit seiner großen Liebe, Kristin Gräfin Pilati, im Pool turtelte. Zeitgleich standen Bundeswehrsoldaten auf dem Balkan - kurz vor dem Mazedonien-Einsatz. "Das war eine politische Obszönität", findet Kocks. Scharping musste aber erst ein Jahr später seinen Hut nehmen, nach Enthüllungen über fragwürdige Honorare des PR-Beraters Moritz Hunziger.

2009 geriet die frühere Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD ) mit der "Dienstwagen-Affäre" in die Schlagzeilen. Ihr wurde im spanischen Alicante die gepanzerte Limousine geklaut. Mit der war sie samt Chauffeur in Urlaub. Der Bund der Steuerzahler fand das "skandalös". Auch die Opposition zürnte, forderte ihren Rücktritt. Schmidts Sprecherin versuchte die Wogen zu glätten, verwies darauf, dass der Ministerin ein Wagen "für dienstliche und private Nutzung mit Fahrer ständig zur Verfügung" stehe. "Da war sie nicht gut beraten", sagt Kocks. Nach dem Statement gewann die Debatte an Fahrt. Schmidt stieg vorläufig aus dem SPD-Kompetenzteam aus. Bei der Bundestagswahl verlor sie ihr Direktmandat, rutschte nur über die Landesliste ins Plenum. Dort sitzt sie auch heute noch. Schmidt hat sich anders als Scharping vom "Sommerloch-Skandal" erholt.

Wenn es nach Klaus Kocks geht, muss sich Maas vom Blogger-Skandal erst gar nicht erholen. "Es gibt überhaupt keine Affäre Maas." Dafür sei aber eine notwendige Debatte über einen völlig veralteten Strafbestand namens "Landesverrat" in Gang gesetzt, meint PR-Profi Kocks.

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