Ein Sieger ohne Siegerlächeln

Die Wahllokale in Sachsen-Anhalt haben noch gar nicht geschlossen, da ist die Alternative für Deutschland (AfD) bereits in Hochstimmung. Um 17.20 Uhr marschiert Spitzenkandidat André Poggenburg triumphierend in den Magdeburger Landtag ein.

 Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU, links), sichtlich getroffen vom Wahlerfolg der AfD mit André Poggenburg. Foto: dpa

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU, links), sichtlich getroffen vom Wahlerfolg der AfD mit André Poggenburg. Foto: dpa

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Die Prognose wenig später sieht die rechtspopulistische Partei deutlich über 20 Prozent. Für Schwarz-Rot reicht es hingegen nicht mehr. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU ) ist auf einen weiteren Partner angewiesen.

Um 18.00 Uhr versammeln sich André Poggenburg und sein Tross, zu dem auch Thüringens umstrittener AfD-Fraktionschef Björn Höcke gehört, auf dem Landtagsflur vor einem Bildschirm. Beide zählen zum rechtsnationalen Flügel der AfD. Als die ersten Zahlen über den Bildschirm flimmern, fallen sich Poggenburg und Höcke in die Arme. Schulterklopfen, lautes Lachen. In den Hochrechnungen kurz vor 20 Uhr liegt die AfD bei rund 24 Prozent. Damit wird sie aus dem Stand zweitstärkste Kraft hinter der CDU und zieht an den Linken vorbei.

Einige Etagen höher, unter dem Dach des Landtags, herrscht in den Räumen der CDU-Fraktion gedämpfte Partylaune. Die Christdemokraten sind zwar erneut stärkste Partei, wenngleich sie ihr Ergebnis von 2011 nicht ganz halten konnten. Doch der Koalitionspartner SPD ist abgestürzt, auf nur noch knapp elf Prozent. Damit hat Schwarz-Rot keine Mehrheit mehr. "Wir wissen, dass wir auch Wähler an die AfD verloren haben", räumt Haseloff am Abend vor seinen Anhängern im Landtag ein. Es sei "schmerzlich, dass wir eine so starke Kraft rechts von uns haben", fügt er mit Blick auf die Rechtspopulisten hinzu.

Haseloff steht seit 2011 an der Spitze der Landesregierung. Anders als seinem Amtsvorgänger Wolfgang Böhmer (CDU ) fehlt ihm bis heute ein echtes Landesvater-Image. Dabei hat er einige Erfolge zu verbuchen. Die Zahl der Arbeitslosen hat sich in den vergangenen zehn Jahren halbiert, wenngleich die Quote nach wie vor über dem Ost-Durchschnitt liegt. Zudem zogen 2014 erstmals mehr Menschen in das vom Bevölkerungsschwund besonders gebeutelte Sachsen-Anhalt als fortgingen. Zudem gilt der 62-Jährige als pragmatisch.

Auch gestern gewinnt der Ministerpräsident seine gute Laune schnell zurück. "Keiner kann eine Regierung an uns vorbei bilden", ruft er seinen Anhängern zu. Dafür muss er nun aber einen dritten Partner ins Boot holen. Für Schwarz-Rot-Grün hatte sich Haseloff schon vor der Wahl grundsätzlich offen gezeigt. Er sieht durchaus Schnittmengen mit den Grünen. Die halten sich am Wahlabend zunächst bedeckt und hoffen erst einmal, dass sie es hauchdünn wieder in den Landtag geschafft haben könnten. "Wir haben unser Wahlziel erreicht, alles weitere später", sagt die grüne Spitzenkandidatin Claudia Dalbert. Nicht nur die von Haseloff geforderte Obergrenze für Flüchtlinge dürfte ein Streitpunkt sein in möglichen Gesprächen. Während die Grünen wohl drin sind im Landtag, zitterte die FDP noch lange um den Einzug ins Parlament.

Eine besonders tragische Figur an diesem Abend gab aber der linke Spitzenkandidat Wulf Gallert ab. Beflügelt vom Erfolg der Linken im benachbarten Thüringen hatte er auf einen Politikwechsel gehofft. Sein Traum, nach Bodo Ramelow der zweite linke Regierungschef eines Bundeslandes zu werden, ist nun erstmal in weite Ferne gerückt.

Positiv bei der Landtagswahl ist immerhin die deutlich gestiegene Wahlbeteiligung. Allerdings haben die etablierten Parteien, allen voran CDU und SPD , ihre Wähler nicht ausreichend motivieren können. In die Wahllokale sind vor allem die AfD- und Protestwähler geströmt. Dem Land stehen nun langwierige Gespräche und eine komplizierte Regierungsbildung bevor.

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