"Ein Sieg für die Demokratie"

London. In einem spektakulären Schlagabtausch zwischen dem britischen Parlament und Medienmogul Rupert Murdoch (Foto: dpa) hat der Inhaber des Skandalblatts "News of the World" die Reißleine gezogen. Murdoch zog gestern sein milliardenschweres Gebot für die restlichen 61 Prozent der britischen Senderkette BSkyB zurück

London. In einem spektakulären Schlagabtausch zwischen dem britischen Parlament und Medienmogul Rupert Murdoch (Foto: dpa) hat der Inhaber des Skandalblatts "News of the World" die Reißleine gezogen. Murdoch zog gestern sein milliardenschweres Gebot für die restlichen 61 Prozent der britischen Senderkette BSkyB zurück. Murdoch wollte rund acht Milliarden Pfund (9,1 Milliarden Euro) zahlen. Zuvor hatten in seltener Einigkeit alle großen Parteien im britischen Parlament diesen Schritt verlangt. Murdoch solle erst den Abhörskandal in seinem Zeitungsimperium News International beheben, sagte Premierminister David Cameron im Parlament.Cameron, der Murdochs Deal noch bis vor wenigen Tagen unterstützt und im Dezember vergangenen Jahres deshalb sogar die Kompetenzen des Murdoch-kritischen Wirtschaftsministers Vince Cable beschnitten hatte, schloss sich im Sog des Abhörskandals einem Antrag der Opposition von Labour-Chef Ed Miliband an. Andernfalls hätte Cameron eine Abstimmungsniederlage riskiert, weil der liberaldemokratische Koalitionspartner bereits zuvor signalisiert hatte, mit Labour stimmen zu wollen. Wie die Downing Street begrüßte auch Miliband den freiwilligen Rückzug Murdochs noch vor einer Parlamentsabstimmung: "Das ist ein Sieg für die Demokratie", sagte er.

Für Murdoch, dessen Medienkonzern News Corp. bereits 39 Prozent an BSkyB hält, ist damit ein Riesengeschäft vorerst geplatzt. Die Komplettübernahme von BSkyB hatte strategische Bedeutung in der Wachstumsstrategie von News Corp. Murdoch hatte bereits sein Blatt "News of the World" geschlossen, dessen Reporter den Abhörskandal ausgelöst hatten. Nach Informationen des "Wall Street Journal" soll Murdoch auch nach einem Käufer für seine verbleibenden britischen Zeitungen "The Sun", "Times" und "Sunday Times" gesucht haben - bisher erfolglos.

Dass auch die Murdoch-Blätter "The Sun" und "Sunday Times" in illegale Abhörpraktiken verwickelt sind, bestritt der Verlag News International gestern. Der frühere Premierminister Gordon Brown hatte sich darüber beschwert, dass in seiner Zeit als Finanzminister Einzelheiten über den Gesundheitszustand seines kleinen Sohnes in die "Sun" geraten waren. Der Verlag entgegnete gestern, die Informationen seien nicht illegal erlangt. Im Fall des Kindes sei Brown sogar vorher informiert worden und habe sich einverstanden erklärt.

Nachdem herausgekommen war, dass Journalisten bis zu 5000 Festnetztelefone und 4000 Handys von Prominenten und Privatleuten angezapft haben könnten, hatte Cameron neben den polizeilichen Ermittlungen eine unabhängige Untersuchung der Fälle unter Vorsitz eines Richters angekündigt. dpa

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