Ein Sicherheitsnetz für den Karneval

Köln · Weiberfastnacht markiert diesmal nicht nur den Beginn des Straßenkarnevals. Gleichzeitig läuft ein riesiger Polizeieinsatz an. Schlägt den Jecken in Köln, Mainz oder Düsseldorf das aufs närrische Gemüt?

Björn Lamprichs soll so etwas wie ein Auge im Sturm aus Konfetti, Kostümen und Kamellen sein. Der Polizist steht vor einem mit allerhand Technik gespickten Kastenwagen auf dem Vorplatz des Kölner Hauptbahnhofs. Seit Silvester kennen auch Nicht-Kölner diesen Ort, an dem Frauen im Getümmel belästigt und begrapscht worden sind. Jetzt, an Weiberfastnacht, soll Lamprichs den neuerlichen Trubel mit einer ausfahrbaren Kamera aus bis zu sechs Metern Höhe im Auge behalten. Blöderweise ist die Kamera kaputt. "Ich habe schon Sicherungen überprüft und Steckverbindungen", sagt der 40-Jährige. Aber sein Bildschirm bleibt schwarz.

Es ist ein kleinerer Ausfall im großen Sicherheitsnetz, das die Behörden über Köln spannen. 2500 Beamte schickt die Polizei in die Straßen, an zig Ecken stehen Mannschaftswagen. Das Ordnungsamt läuft in grellen Westen Patrouille. Silvester soll sich nicht wiederholen. Auch andere Städte wie Düsseldorf oder Mainz haben an ihren Sicherheitskonzepten geschraubt. Die Polizei zog am Abend eine weitgehend positive Zwischenbilanz. Im Vergleich zu den vorigen Jahren habe es deutlich weniger Anzeigen gegeben. Sechs sexuelle Übergriffe und einige Diebstähle wurden in Köln gemeldet.

Dort wurde die Videoüberwachung stark ausgeweitet, etwa um zu erkennen, wenn sich ein Mob zusammenrotten sollte. Insgesamt seien 19 Kameras im Einsatz, sagt Polizeisprecher Wolfgang Baldes. Den Ausfall beim Kollegen Lamprichs sieht er daher gelassen: "Ich würde mal behaupten, dass es heute keinen Jecken gibt, der nicht irgendwo in einer Kamera rumläuft." Was auch an den vielen TV-Teams liegt. Köln steht unter Beobachtung an diesem Tag.

Von einem Mob ist erstmal nicht viel zu sehen. Die Kölner Straßen sind spürbar leerer als in den vergangenen Jahren. Ob es am miesen Regenwetter oder an der Diskussion über die Sicherheit liegt - schwer zu sagen. Die Kneipen sind dafür voll.

Im Übrigen nahm das närrische Treiben wie gewohnt seinen Lauf. In Köln zählte das Dreigestirn die letzten Sekunden bis 11.11 Uhr und eröffnete offiziell den Straßenkarneval. In Düsseldorf stürmten die Möhnen das Rathaus. In Mainz versammelten sich die Jecken rund um den Fastnachtsbrunnen.

Vor Weiberfastnacht bestand die Sorge, dass vor allem in Köln die Stimmung leiden könnte. Dass die Stadt die Leichtigkeit verliert, dieses Filouhafte, das sie nicht nur an Karneval auszeichnet. Marion Schieren und Ulrike Röser, mit einer Frauengruppe in Indianerkostümen aus Aachen angereist, winken ab. Es habe gar keine Diskussion gegeben, nicht zu kommen. Ist es nicht komisch, so eine Feier, bei der so viel über Sicherheit gesprochen wird? "Ja doch, wirklich ärgerlich. Die Männer haben alle Angst", feixt Ulrike Röser.

Hinter dem Dom steht am Mittag recht einsam der "Frauen Security Point". Wer sich belästigt oder bedroht fühlt, soll hier Hilfe finden. Sonja und Kathy nehmen von ihm allerdings kaum Notiz. Man habe schon kurz darüber gesprochen, ob man wieder nach Köln fahren wolle. Die beiden kommen aus Norddeutschland. Die Diskussion sei aber schnell beendet gewesen.

Ein paar Straßenecken weiter wird eine Gruppe junger Männer von Polizisten in schwerer Montur kontrolliert. In Reihe stehen sie an einer Hauswand und müssen ihre Papiere zeigen. "Wir kommen aus Albanien", sagt einer danach. Die Kontrolle sei schon in Ordnung. Aus ein paar Metern Entfernung beobachtet Tom Schwitalla die Aktion. Er wohnt direkt am Dom, wie er sagt. Solche Kontrollen seien gerade an der Tagesordnung, er sehe sehr viel Polizei . "Mich erinnert es momentan mehr an ein Fußballspiel als an Karneval."

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