Ein Mindestlohn für Richter

Karlsruhe · Ab wann ist ein Richter eigentlich unterbezahlt, was muss er mindestens verdienen? Diese Fragen zu klären, trat das Verfassungsgericht an. Und kam zu einem komplizierten Urteil.

Machtwort aus Karlsruhe : Die Festlegung der Gehälter von Beamten und Richtern erfolgt künftig nach genauen Spielregeln. Das Bundesverfassungsgericht hat erstmals konkrete Vorgaben gemacht, wie die Mindestbesoldung der Staatsdiener zu ermitteln ist. Konkret erklärte der Zweite Senat die unterste Besoldungsstufe der Richter in Sachsen-Anhalt zwischen 2008 und 2010 für verfassungswidrig.

Das Grundgesetz schreibt nur vor, dass Staatsdiener amtsangemessen bezahlt werden sollen. Doch was genau darunter zu verstehen ist, sagt es nicht. Der Staat als ihr Arbeitgeber kann die Bezahlung seiner Beamten und Richter daher weitgehend selbst bestimmen. Und so mussten die Staatsdiener in der Vergangenheit häufig finanzielle Einschnitte akzeptieren, wie etwa Kürzungen des Weihnachtsgeldes oder die verzögerte Übernahme von Tarifabschlüssen im öffentlichen Dienst. Die betroffenen Berufsgruppen dürfen zudem nicht streiken und waren gegen die Festsetzung ihrer Gehälter daher weitgehend machtlos.

Mit den vom Gericht geschaffenen Kriterien wissen erstmals nun alle Beteiligten, was für Voraussetzungen eine verfassungsgemäße Mindestbesoldung hat. Grob gesagt ist es maßgeblich, dass sich die Bezahlung der betroffenen Berufsgruppen nicht zu sehr von der Gehaltsentwicklung der Angestellten im öffentlichen Dienst oder von der freien Wirtschaft abkoppelt. Auch das allgemeine Preisniveau spielt eine Rolle sowie die Bezahlung der Kollegen im Bund und in anderen Bundesländern. Dass sich Richter selbst mehr Geld zusprechen, ist eine gesellschaftlich heikle Sache. "Der Senat hat sich mit diesem Urteil besonders schwergetan", sagte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle dazu.

Bisher verdient ein lediger Berufsanfänger zwischen 3235 und 4070 Euro. Das klingt viel, zumal Richter wie Beamte auch zusätzliche Vorzüge genießen: So haben sie eine üppigere Pension als vergleichbar bezahlte Arbeitnehmer in der freien Wirtschaft, sie zahlen keine Renten- oder Arbeitslosenversicherung und bekommen eine extra Finanzhilfe bei der Krankenversicherung. Andererseits haben Richter dem Gericht zufolge eine anspruchsvolle Ausbildung hinter sich, nehmen zentrale Aufgaben in unserem Rechtsstaat wahr und tragen daher besondere Verantwortung.

Die aufgestellten Kriterien gelten nach Ansicht des Deutschen Beamtenbunds (dbb) auch für Beamte: "An diesen Maßstäben werden wir ab sofort sämtliche Besoldungs- und Versorgungsentscheidungen der Dienstherrn messen", sagt Hans-Ulrich Benra vom dbb. Zudem müssen auf der Grundlage des 79-Seiten-Urteils wohl alle Länder jetzt genau prüfen, ob die Besoldung ihrer Beamten und Richter überhaupt verfassungsgemäß ist. Nach Einschätzung des Deutschen Richterbundes (DRB) ist das bei einigen Bundesländern wahrscheinlich nicht der Fall. "Aber das muss man durchrechnen", sagte DRB-Chef Christoph Frank in Karlsruhe .

Zum Thema:

HintergrundIm Saarland liegt die Einstiegsbesoldung eines Richters laut Tabelle bei 3637,46 Euro. Tatsächlich seien die Bezüge in den ersten zwei Jahren noch um zehn Prozent geringer, sagte Richterbund-Chef Werner Kockler. Ein 27-jähriger Richter kommt somit auf rund 3274 Euro im Monat. Das Gros der Richter im Saarland erhält ein Grundgehalt (ohne Zuschläge) zwischen 3637,46 und 5855,97 Euro. ine

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort