"Ein Kuhhandel zu Lasten des Haushaltes"

Frau Künast, gestehen Sie zu, dass sich die schwarz-gelbe Koalition trotz aller Unkenrufe doch noch in wichtigen Punkten einigen kann?Künast: Ach was. Ich finde putzig, dass Schwarz-Gelb eine lange Nachtsitzung einlegen musste, um einen Kuhhandel abzusegnen, den die Spatzen in Berlin seit Tagen von den Dächern gepfiffen haben

Frau Künast, gestehen Sie zu, dass sich die schwarz-gelbe Koalition trotz aller Unkenrufe doch noch in wichtigen Punkten einigen kann?Künast: Ach was. Ich finde putzig, dass Schwarz-Gelb eine lange Nachtsitzung einlegen musste, um einen Kuhhandel abzusegnen, den die Spatzen in Berlin seit Tagen von den Dächern gepfiffen haben. Im Kern handelt es sich um ein Wahlkampfmanöver, bei dem mal die FDP und mal die bayerische Regionalpartei CSU ihre Klientel-Interessen durchsetzte. Und alles zusammen geht zu Lasten des Haushaltes.

Wie das? Laut Koalitionsbeschluss soll die Schuldenbremse schon 2013 voll greifen, drei Jahre früher als vorgeschrieben. Außerdem soll es schon 2014 kein strukturelles Defizit mehr geben.

Künast: Aber es reicht doch nicht aus, sich auf gute Steuereinnahmen zu verlassen, um dann damit anzugeben, dass man 2014 keine neuen Schulden mehr macht. Ein Ende der Neuverschuldung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass alte Schulden in Hülle und Fülle vorhanden sind und dafür jedes Jahr üppige Zinsen fällig werden. Doch anstatt endlich mit der Abzahlung der alten Schulden zu beginnen, genehmigt sich diese Koalition fragwürdige Wahlgeschenke.

Es stört Sie also, dass die Praxisgebühr abgeschafft wird?

Künast: Die Praxisgebühr abzuschaffen ist richtig, aber darüber, wie es die Koalition macht, kann ich mich nicht freuen, denn gleichzeitig werden Steuerzuschüsse für den Gesundheitsfonds reduziert. Das heißt, der Anteil, der von der Allgemeinheit, also auch Beamten und Freiberuflern finanziert wird, sinkt, um den allgemeinen Haushalt auszugleichen. Damit kommt der soziale Aspekt, dass alle Bürger für das gesetzliche Gesundheitssystem einstehen sollen, unter die Räder. Das ist ungerecht und das ärgert mich.

Die SPD plant rechtliche Schritte gegen das ebenfalls beschlossene Betreuungsgeld. Werden die Grünen auch auf eine Abschaffung des Betreuungsgeldes drängen?

Künast: Wir werden zusammen mit der SPD die nächste Bundesregierung bilden. Dann schaffen wir das Betreuungsgeld sofort ab. Das wäre garantiert eine der ersten gesetzlichen Maßnahmen von Rot-Grün. Dazu brauchen wir nicht auf Karlsruhe zu warten. Die Eltern brauchen eine gute Kinderbetreuung, damit sie erwerbstätig sein können. Mit dem Betreuungsgeld wird genau das ignoriert. Deshalb muss es so schnell wie möglich wieder weg.

Die Grünen würden sich also nicht einer Verfassungsklage gegen das Betreuungsgeld anschließen?

Künast: Noch mal: Wir werden im nächsten Jahr eine rot-grüne Koalition bilden. Dann werden wir das Betreuungsgeld umgehend abschaffen - früher und schneller, als es auf dem Rechtsweg möglich wäre. Die frei werdenden Mittel wollen wir in die Bildung investieren.

Foto: Steffen/dpa

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