Ein bisschen Doppelspitze für die SPD

Berlin · Grüne und Linke haben bereits Doppelspitzen in ihrer Partei. Nun will sich auch die SPD daran wagen – wenn auch nur optional. Der Vorstoß kommt von den SPD-Frauen. Unterstützung von höchster Stelle ist ihnen sicher.

Die SPD könnte nach Vorstellung ihres Vorsitzenden künftig von einer Doppelspitze aus Mann und Frau geführt werden. Damit stellt sich Sigmar Gabriel hinter den Vorstoß der sozialdemokratischen Frauen für eine zweigeteilte Chefriege. "Ich finde den Antrag gut und werde ihm auch zustimmen", sagte Gabriel gestern den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF) hat für den Bundesparteitag im Dezember eine Satzungsänderung beantragt. Demnach sollen Doppelspitzen aus Mann und Frau auf allen Parteiebenen künftig möglich sein - bis zur Bundesebene. Eine Pflicht, Duos zu wählen, ist damit aber ausdrücklich nicht vorgesehen.

Laut Antrag würde die Satzung so geändert, dass der Vorstand künftig entweder von einem oder einer Vorsitzenden geführt würde "oder von zwei gleichberechtigten Vorsitzenden, jeweils eine Frau und ein Mann". Derzeit ist das nicht möglich. Zur Änderung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig. Die AsF-Vorsitzende Elke Ferner äußerte sich zuversichtlich, dass genügend Stimmen zusammenkommen. "Es gibt keinen Grund, dagegen zu sein", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur in Berlin . Schließlich sei die Änderung mit keinerlei Zwang verbunden. Es gehe lediglich darum, paritätische Doppelspitzen überall dort, wo sie gewünscht seien, zu ermöglichen. Gerade in den Ortsvereinen gebe es oft den Wunsch von Männern und Frauen, die sich neben Beruf und Familie noch in der SPD engagieren wollten, sich diese Aufgabe mit jemand anderem zu teilen. "Die Satzung gibt das im Moment nicht her." Auch Gabriel betonte: "Wir haben immer häufiger Probleme, ehrenamtliche Vorsitzende zu finden, weil die damit verbundene Arbeit dem oder der einzelnen zu viel wird." Eine Doppelspitze könne da helfen. Und die wäre mit der geplanten Änderung "bis in die Spitze von Bezirks-, Landes und Bundesebene" möglich.

Die Chefinnen der Oppositionsparteien kommentierten Gabriels Überlegungen mit mildem Spott. "Die SPD wagt den Sprung in das 21. Jahrhundert und erwägt künftig eine Doppelspitze mit Beteiligung aus einer Frau und einem Mann", sagte Linken-Chefin Katja Kipping . "Der Partei täte derzeit vor allem eins gut: eine verbindliche Quote für sozialdemokratische Politik." Grünen-Chefin Simone Peter riet der SPD , Doppelspitzen verbindlich einzuführen: "Die Genossinnen und Genossen der SPD sollten sich im 21. Jahrhundert ruhig mehr zutrauen, als Doppelspitzen lediglich zu ermöglichen", sagte die Saarländerin.

Meinung:

Gabriels Revolutiönchen

Von SZ-KorrespondentStefan Vetter

Streng genommen ist die SPD ein reiner Männerverein. Die Partei steht in der Tradition der Brandts, Scharpings, Lafontaines und Schröders. Frauen? Fehlanzeige. Der amtierende Chef Sigmar Gabriel will nun Doppelspitzen von der untersten bis zur obersten Führungsebene zulassen. Ganz so revolutionär ist der Vorstoß allerdings nicht, wie es im ersten Moment erscheint. Schließlich soll kein Zwang herrschen. Wo sich kein Duo aus Frau und Mann anbietet, bleibt alles beim Alten. Ein typischer sozialdemokratischer Kompromiss eben. Doch was soll er bringen? Auf Orts- oder Kreisebene der Partei gibt es tatsächlich öfter Probleme, ehrenamtliche Vorsitzende zu finden. Könnte man sich die Arbeit teilen, würde sich das vielleicht bessern. In den oberen Etagen herrschen jedoch andere Gesetze. Erst recht ganz oben. Das Ego von Gabriel ist so stark ausgeprägt, dass eine Co-Vorsitzende an seiner Seite unvorstellbar wäre.

Zum Thema:

Auf einen BlickFür die Option, auf allen Ebenen der Partei paritätische Doppelspitzen aus Mann und Frau einführen zu können, hatte sich am 10. Oktober auch der Landesparteitag der SPD in Neunkirchen ausgesprochen. Die rund 300 Delegierten folgten einem Antrag des Ortsvereins Saarbrücken-St. Johann, der eine entsprechende Satzungsänderung gefordert hatte. Der Parteitag beschloss diesen Punkt einmütig. kir

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